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Einleitung

What is the first truth of Batman?

In der multiversalen Welt von DC Comics kann man schnell den Überblick verlieren, selbst wenn man seine Aufmerksamkeit auf Batman, Earth-0 (New Earth, Prime Earth) und die Zeit ab dem Modern Age beschränkt. Ich fertige während des Lesens Notizen zu Inhalten und Zeitabläufen, von denen sich einige in den folgenden Texten wiederfinden. Ich habe die Bücher nicht nach ihrem Veröffentlichungsdatum sortiert, sondern nach der absteigenden Chronologie im Batman-Universum. Ich beginne mit Year One. Nach Flashpoint halte ich es am sinnvollsten, The New 52 einfach dem Modern Age anzuhängen. Dasselbe passiert mit Rebirth. Das Konzept mag Chronologiefanatiker erschrecken und hat tatsächlich mit Schwierigkeiten zu kämpfen. Aber was soll’s. Anmerkungen zu wenigen Büchern, insbesondere zur War Games-Storyline, fehlen noch. Auch abseits von Batman gibt es noch viel anzumerken. Geschichten, die außerhalb von Earth-0 und des Kanons spielen, lasse ich gänzlich außen vor.

Titelauswahl:

The Wedding

He can’t be happy. And also be Batman.

Tom King/Tony S. Daniel, Mikel Janín, José Luis García-López, Becky Cloonan, Jason Fabok, Frank Miller, Lee Bermejo, Neal Adams, Amanda Conner, Rafael Albuquerque, Andy Kubert, Tim Sale, Paul Pope, Mitch Gerads, Clay Mann, Ty Templeton, Joëlle Jones, David Finch, Scott Williams, Greg Capullo, Lee Weeks, 2018– Vielleicht bleibt dies die letzte Notiz, weil ich Black Label/non-Kanon Geschichten derzeit lieber lese. Hierzu passt die Frage, ob The Wedding überhaupt Kanon ist und wie und wo es in die Kontinuität passt. Ich bin doch noch zu Tom King zurückgekehrt, einem Autor, dessen Ideen ich schätze, dessen Methodik und dessen Stil mir aber nicht zusagen. Seit I Am Bane hat es sich nicht verändert, dass ich Text nicht als Kings Stärke ansehe. Davon ist hierin viel enthalten, und so schreitet die Erzählung quälend langsam, schwunglos voran. Im Plot betreibt King ein gefährliches Spiel mit den Erwartungen. Das Ende ist letztendlich aber konsequent und bringt Kings gesamtes Schaffen an Batman auf einen Punkt. Ein Bruce Wayne, der glücklich ist, und Batman können nicht koexistieren. Der Joker bildet diese These, und Catwoman muss erkennen, dass die Braut die Bürde trägt, den Bräutigam zu brechen. Ob und wie die Beziehung zwischen Batman und Catwoman diesen Zug bewältigen kann, wird die Zukunft zeigen. Ich bin gespannt, in welche Richtung sich nicht nur die Beziehung der Figuren, sondern die Serie unter anderen Autoren entwickeln wird.

Detective Comics: Batmen Eternal

​Together we will fix what you have broken.

James Tynion IV/Álvaro Martínez Bueno, Javi Fernandez, Eddy Barrows, Eber Ferreira, Philippe Briones, Scot Eaton, 2018– Tynions letzter Band ist ein großer Kontinuitätsmix aus Rebirth und Prä-Flashpoint mit letzterem als eine Art von potentiellem Alternativuniversum, dessen die Figuren sich bewusst sind. Tynion setzt hieran Konflikte, aber auch kleine Korrekturen an, justiert einige Charakterisierungen und Beziehungen und bringt insbesondere Spoiler und Orphan in eine Koexistenz. Das ist alles sehr kompliziert und nicht immer elegant - und ein wenig sehne ich mir geradlinige einfache Batman-Geschichten herbei. Erzählerisch setzt der Band an den Nachwirkungen des Todes von Clayface durch Batwoman an, aus denen Tynion zugegebenermaßen tolle Familienmomente entstehen lässt. Die Verarbeitung des Ereignisses enthält ein mächtiges Plädoyer von Barbara, das mit Blick auf die Charaktergeschichte einen guten Zug von Tynion darstellt. Bis weit in den Band hinein zieht sich Verzweiflung und ein erneutes Auseinanderbrechen der Familie durch die Geschichte. Das Ende jedoch ist versöhnlich und zeichnet ein positives Bild, wenngleich einen ungewissen Blick in die Zukunft. Formal gibt es den Umstand zu beobachten, dass Tynion Probleme mit dem Seitenlimit bekam; auf den letzten Seiten wird der Raum eng und enthält viel Text in kleinen Panels. Der Band ist weitestgehend formidabel und dynamisch ins Bild gesetzt, Javi Fernandez ist besonders hervorzuheben. Nur Scot Eatons Arbeit hat mir mit seltsamen Anatomien in den Bewegungen nicht gefallen, im Stillstand okay.

Detective Comics: Fall of the Batmen

​Bad guys don’t get happy endings.

James Tynion IV/Joe Bennett, Miguel Mendonça, Jesús Merino, Eddy Barrows, 2018– Der dramatische Höhepunkt in Tynions Serie weist clevere Ideen und störende Makel auf. Sehr gut gefallen hat mir die Zersetzung der Familie durch Ereignisse, die in der Vergangenheit ihren Ursprung fanden und bis in die Zukunft strahlen. Das Schicksal der Familie wird letztendlich durch den Bruch von Batmans wichtigster Regel besiegelt. Tynion macht sich diese starken Elemente gut zu Nutze. Das Finale ist spannend geschrieben und besitzt eine Parallelerzählung mit einem tollen Pacing. Problematisch wird es aber bei der Behandlung der Figuren. Wir haben kennengelernt, dass es nicht immer der morrisonsche Über-Batman sein muss und ihm Partner auf Augenhöhe stehen. Doch nimmt Tynion ihm prägende Merkmale wie Weitsicht und Autorität, ihm fehlt Handlungsfähigkeit und Effektivität. Dies ist nicht der richtige Ansatz, auch nicht in einem modernen Detective Comics. Die Serie braucht einen starken Batman. Und Tynion behandelt schon in The Victim Syndicate eine weibliche Heldin nicht optimal, hier trifft es eine weitere. Bennetts Stil sagt mir in Strichen und Schattierungen nicht so zu. Trotz der Bewegung in der Erzählung wirken die einzelnen Panels statisch. Die Zeichnungen von Mendonça und Merino haben mir gut gefallen. Ganz wunderbar ist das beigefügte Origin von Clayface von Barrows gezeichnet und von Lucas koloriert.

Dark Nights: Metal

​There’s nothing darker than making a hero the lever for evil.

Scott Snyder/Greg Capullo, 2017-2018– Snyder, dieser Teufelskerl, schreibt gleichzeitig ein DC Event und das Prelude zu seiner eigenen Justice League. Nach einem herzerwärmenden Vorwort bekommt der Fanboy alles, was er erhofft. Neben der für Snyder typischen natürlichen und flüssigen Sprache bietet das Werk einen tollen formalen Aufbau und viel Liebe für DCs Geschichten, ihre Figuren sowie schöne Referenzen zu Morrisons Multiverse und seiner Justice League of America. Ohnehin ähnelt das Buch eher einem Titel der Justice League denn einem DC Event. Die spannende Gruppendynamik und Interaktion unter den Figuren kann sich mit jedem Titel der Justice League messen. Als Event kommt die Geschichte relativ harmlos daher, zumindest wenn man dies anhand von weltverändernden Ereignissen und dem Ableben von Figuren bemisst. Der Plot selbst ist im Hinblick auf den Kanon allerdings reichlich gewagt. Es sei nur so viel verraten, dass Metal wohl das verrückteste Event darstellt. Viele Geschehnisse vertrauen auf pures Deus ex machina, was aufgrund des hohen Grads an Unterhaltung und der Verrücktheit im gutem Sinn dem hervorragenden Gesamtbild keinen Abbruch tut. Das Buch schließt mit der Zusammenkunft der Helden und dem Ausblick darauf, was kommen wird. So elegant und einfach war der Übergang eines Events in die einzelnen Serien noch nie. Für die Hölle auf Erden gibt es keinen besseren Zeichner als Capullo.

Detective Comics: A Lonely Place of Living

​I didn’t come back alone.

James Tynion IV/Eddy Barrows, Álvaro Martínez, 2017-2018– Tim kehrt zurück. Seinen Tod (aka sein Verschwinden) fand ich in Rise of the Batmen nicht einmal erwähnenswert, da in diesem Universum mittlerweile regelmäßig gestorben und auferstanden wird. Tynion streut recht elegant Referenzen zu A Lonely Place of Dying sowie Dark Victory und behandelt zufriedenstellend die prägenden Facetten Tims. In einem beeindruckenden Kapitel etabliert er seine Vorherbestimmung als einen zukünftigen Batman, deren Erklärung sich in der Erklärung für die Vorherbestimmung als Robin spiegelt. Tynion entgleiten danach die Zügel, wohl weniger aus Versehen als vielmehr aus Absicht. Mit einem prä-Flashpoint Tim Drake Batman als Antagonisten sprengt er die Grenzen eines Detective Comics in bester Manier eines Grant Morrison und fährt mit zwei Batmen, Nightwing, Red Robin, Damian Wayne Robin, Red Hood, Orphan, Spoiler, Azrael, Batwoman, Batwing, Clayface und Alfred die gesamte Familie auf. Preisfrage: wieviele ehemalige, aktive und zukünftige Batmen und Robins sind das? Das kennt man sonst nur aus Crossovern. Hierbei ereignen sich starke Familienmomente, plotweise missfällt aber die Balance der Figuren und lässt einige Fragen zur Schlüssigkeit des Ganzen zurück. Barrows und Martínez haben die Zeichnungen fest im Griff. Ihre Bilder sind souverän und auf den Punkt genau, kraftvoll und energetisch.

Detective Comics: League of Shadows

​The girl who was a shadow.

James Tynion IV/Marcio Takara, Christian Duce, Fernando Blanco, 2017– Dies ist die Geschichte von Cassandra Cain. Es ist keine neue Geschichte, sie ist altbekannt. Tynion legt aber so viel Herzblut hinein, dass auch Kenner eine wahre Freude daran haben werden. Gegenüber vormaligen Erzählungen um Cassandra erfährt diese eine Bereicherung, indem uns Tynion an ihrer Gefühlswelt teilhaben und beim Leser Empathie entstehen lässt. An Cassandras Geschichte als Nukleus knüpft Tynion weitere kleine Zustandsbeschreibungen der aus Azrael, Batwing und Clayface (und Tim) sowie Batman und Batwoman bestehenden Familie. Stärker als jemals zuvor erleben wir Batman und Batwoman als gleichberechtigte Partner, was einer kleinen Revolution gleichkommt. Die konsensuelle und konträre Chemie zwischen den Figuren stimmt, die Charakterisierungen sind ausgezeichnet. Probleme gibt es abermals mit den Antagonisten, die - abermals - ein viel zu leichtes Spiel haben. Auch die Zerstörung Gothams als erzählerisches Vehikel ist überausgelutscht und geht gar nicht mehr. Es scheint fast so als würde in jedem Buch die Stadt zerstört werden, was der Glaubhaftigkeit nicht sonderlich zuträglich ist. Takaras Zeichnungen gefallen durch eine starke Mimik.

All-Star Batman: Ends of the Earth

​Cheers, Ra's.

Scott Snyder/Jock, Tula Lotay, Giuseppe Camuncoli, Francesco Francavilla, 2017– Der zweite Band hebt sich deutlicher von der Leitserie ab als sein Vorgänger. Das betrifft insbesondere den formalen Teil, der in Wort und Bild nicht den üblichen Wegen, sondern eigenen folgt. Snyder schöpft die gesamten Modelle der Erzählsituationen aus. Die Prosa ganzer Kapitel ist auktorial oder personal formuliert, andere durch den Ich-Erzähler bis zur vollständigen indirekten und direkten Rede. Die Vielzahl an, aber konsistenten Erzählsituationen sind eine willkommene Herausforderung für den Leser. In der überzeugenden Geschichte spielt Snyder mit den Fragen nach der Wirklichkeit. Sie führt Batman über die tragischen Figuren Mister Freeze, Poison Ivy und Mad Hatter bis zu Ra's Al Ghul, dem ein phänomenaler Auftritt gegönnt ist und der Batman den Titel als World's Greatest Detective abspricht. Applaus, denn Detektivarbeit hat Batman seit Jahren nicht mehr geleistet. Mit dem Klimax gelingt Snyder eine morrisonsche Sensation. Die vier Geschichten sind von drei Künstlern – zweimal Jock – gezeichnet. Alle leisten hervorragende Arbeit und beigeistern durch den Bildaufbau und die Zeichnung der Figuren. Ends of the Earth ist die von Francavilla ansprechend bebilderte Auflösung von The Cursed Wheel angehängt, die gar keine Auflösung ist und sich in ihrer Charakterzeichnung und -entwicklung dramatisch verirrt hat. An Snyders Status als stärkster Kopf im Batman-Universum ändert dies nichts.

I Am Bane

I AM BANE!

Tom King/David Finch, Clay Mann, Seth Mann, Mitch Gerads, 2017– ​Zu Beginn von Morrisons Ära sprach ich von Liebe oder Hass und entschied mich für Morrison. Kings Werke stellen mich vor dieselbe Wahl - und ich entscheide mich gegen King. Dabei weiß ich seine Ideen durchaus zu schätzen und finde sie reizvoll. Doch die Umsetzung ist eine einzige Qual. In Form und Inhalt findet sich für mich nichts zusammen. Das geht über Kings fehlgeschlagener Unternehmung, meta zu gehen, über die grauenhaften Mono- und Dialoge bis zu den launisch-maschinellen Motivationen der Figuren. Niemals hatte ich das Gefühl, dass die Sprache der Figuren und die Progression der Geschichte natürlich verläuft. Geradezu respektlos ist das Portrait Banes als grober Haudrauf. Die finale Konfrontation mit Batman ähnelt strukturell derjenigen aus Knightfall, verzettelt sich jedoch vollends. Zum Ende hin reflektieren Gotham Girl und Batman über Glücklichsein, und wir werden - ohne Referenzen zu The Button - wenige Seiten später Zeuge seines klischeehaften Heiratsantrags. Der Antrag selbst ist nicht das Problem, sondern seine Präsentation und der Weg dorthin. Batman und Catwoman tanzen seit Dekaden umeinander, hier findet die geschmeidige Choreographie ein abruptes Ende. Dem Band ist ein spaßiges Crossover mit Swamp Thing angeheftet, das Gerads fein gezeichnet hat. Im Übrigen zeichnete sich Finch verantwortlich, von dem ich ja kein Fan bin, aber unnatürlich idealisierte Körper in dunkler Umgebung kann er.

All-Star Batman: My Own Worst Enemy

​He keeps going, even when there's no more road.

Scott Snyder/John Romita Jr., 2016-2017– Mit der Leitserie, Detective Comics und All-Star Batman haben wir nun drei Serien mit eigenständigem Charakter. All-Star Batman positioniert sich als raues Ungetüm in Bild und Sprache und steht seinem Namensvorgänger unter Frank Miller in vielerlei Hinsicht nahe. Im Unterschied zur fürsorglichen Figur in Detective Comics zeigt Batman hier keine Geduld und pflegt einen harten Umgangston. Die Geschichte ist Bruce, Batman und Harvey, Two-Face gewidmet, der hier seinen ersten großen Auftritt seit The Big Burn hat. Tomasi hatte die Beziehung der beiden Figuren auf eine neue Ebene gehoben und Snyder weiß hieran anzuschließen. Batman geht bis zur Selbstaufgabe, um Harvey Dent zu retten. Wir haben hier das Bild eines Getriebenen, der die Persönlichkeitsstörung eines anderen beheben will. Das ist eine Tour de Force, doch das extreme Verhalten der Figuren bleibt jederzeit nachvollziehbar, liefert Snyder uns nämlich auch eine Erklärung dafür. Mit Ausnahme einiger zeitlicher Sprünge, deren Zweck außer ihrer selbst willen ich nicht entdecken konnte, hat Snyder erzählerisch alles fest im Griff. Die Entwicklung der Geschichte und Behandlung der Figuren ist tadellos, die Atmosphäre stets packend. Die Themen über das Gute und das Böse im Menschen werden mit angenehmer Tiefe präsentiert. Romitas Stil hat mir grundsätzlich gut gefallen. Zwar ist in wenigen Panels nicht auszumachen, was dort überhaupt zu sehen ist, doch steht sein Stil sehr im Einklang mit dem rauen Ton der Erzählung und trägt seinen eigenen Charakter.

Detective Comics: The Victim Syndicate

​We’re all human here. We’re messy.

James Tynion IV, Marguerite Bennett/Álvaro Martínez, Eddy Barrows, Al Barrionuevo, Carmen Carnero, Ben Oliver, 2016-2017– Die Geschichte bereitet beträchtliche Freude, so dass man wohlwollend über verschiedene Schwächen in Ereignissen und Entscheidungen hinwegsehen kann. Das liegt insbesondere an den lebendigen und enorm umfangreichen Dialogen und der guten Zusammenstellung der Figuren. Tynion trifft für jeden Helden die richtige Dosierung und lacht dem Leser genüsslich mitten ins Gesicht, als er aus einem bestimmten Helden einen Schurken werden lässt. Hierin liegt allerdings auch die Krux, dass es ausgerechnet jene Figur trifft, die in der Geschichte von DC viel zu oft als Fußabtreter benutzt worden ist. Die Gruppe der Antagonisten besitzt einen Hintergrund und nachvollziehbare Motive, doch hätte ich ihr Auftreten und Handeln gerne anders gesehen. Martínez versteht sich mit Tynion. Die sehr schöne und kreative Anordnung der Panels macht Spaß und bietet mit den punktgenauen Zeichnungen ein Tempo, das die Geschichte mit ihren Texten angenehm rasant voranbringt. Der Sammelband enthält den Zweiteiler Batwoman Begins, der die eigene Serie Batwomans eröffnet.

I Am Suicide

The pain goes away.

Tom King/Mikel Janín, Mitch Gerads, 2016-2017– Der Titel, wörtlich. Der Leser darf das Buch nach Kapitel 4 gerne einen Moment ablegen und sich darüber bewusst werden, was er gerade gelesen hat. Bruce gibt in einem Brief an Selina das intimste Geheimnis über Batman, vielmehr der Idee von Batman, preis. Ein Geheimnis, das er mit Selina und Bane teilt. Allen drei blieb der Erfolg eines Selbstmords verwehrt und so suchen sie ihren Tod durch die Hand eines anderen. In diesem Kontext beleuchtet King die Beziehung zwischen Batman und Catwoman und weiß hierzu eine schlüssige Erklärung zu liefern. Ohnehin gelingt King eine begrüßenswerte Charakterisierung Catwomans, deren Figur im DC Universum leider viel zu häufig unter ihrem Wert blieb. Die Themen eines Suizids, einer Todessehnsucht sowie die erwachsen erzählte Beziehung weisen das Buch in die Richtung eines ebenso erwachsenen Publikums. Das ist eine erfreuliche Entwicklung. Thematisch begibt sich King allerdings in ein Gebiet von high risk, high reward. Gar nicht schönreden lassen sich zahlreiche Dialoge und Details der Handlung. Diesbezüglich muss King unbedingt zulegen. Die Erzählung verfügt über teils sehr gekonnte Layouts und Splash-Panels. Mikel Janíns Zeichnungen sind auf hohem Niveau, und auch June Chungs Kolorierung sollte lobend erwähnt sein.

Justice League: The Extinction Machines

If the world has a chance, it's with him.

Bryan Hitch/Tony S. Daniel, Jesús Merino, 2016- Hitch eröffnet mit einem spaßigen Kampf der Justice League gegen und vor allem in (!) einem insektoiden Gegner, bevor er sich den eigentlichen Themen dieses Bands widmet. Da ist zum Einen die altbewährte Gruppendynamik der Justice League, welche Hitch mit einem ebenso altbewährten formalen Rezept und gelungenem Pacing transportiert. Die Kleinarbeit wird durch ansprechend kooperierende und interagierende Duos absolviert, die sich zu den Höhepunkten der Geschichte als eine Gruppe zusammenfinden. Alle Helden auf einer Seite, das ist immer das Sahnehäubchen jedes Titels der Justice League. Die erzählerische Gewichtung der Helden stimmt, es kommt niemand zu kurz. Ein Augenmerk liegt auf Jessica Cruz und Simon Baz, die als neue Green Lanterns gut integriert werden. Mit Blick auf Batman lässt sich festhalten, dass er wie gewohnt die strategische Führung darstellt. Er ist es auch, der im anderen Thema des Bands eine vordere Stellung einnimmt. Sein Misstrauen gegenüber dem neuen Superman - noch kein Mitglied der Justice League - ist groß, dennoch ist er voller Respekt. Die Kombination aus Misstrauen und Respekt erinnert an frühere Titel der Kennenlernphase von Batman und Superman und wird wohl immer ein essentieller Teil bleiben.

Detective Comics: Rise of the Batmen

​I am not your subordinate. I am your partner.

James Tynion IV/Eddy Barrows, Álvaro Martínez, 2016– Tynion macht einen selbstbewussten Schritt nach vorne. Und was für einen. Er inszeniert Detective Comics als eine Familiengeschichte, die deutlich aus dem Schatten der Hauptserie tritt. ​Er zeigt Batman als einen Menschen mit Gemeinsinn, der sich um die nächste Generation sorgt. Batman schafft gleich zu Beginn klare Verhältnisse, indem er seine Maske vor Batwoman abnimmt. Batwoman, Red Robin und Spoiler werden nicht als Handlanger charakterisiert, sondern als Partner. ​Auch die Beziehung der Waynes zu den Kanes erfährt eine Auffrischung. Das ist alles nachvollziehbar und überzeugend geschrieben. Doch bei all dem Tatendrang verübt Tynion auch Kollateralschäden. Er dezimiert Jacob Kanes Charakterisierung aus The New 52 und seine Beziehung zu seiner Tochter vollständig. Gestalterisch ist ​Adriano Lucas' Kolorierung hervorzuheben. Der Band besteht aus wunderbaren Farbpaletten. Batmans Schwarz, Batwomans Rot und die buntere jüngere Generation geben ein farbenschönes Bild ab.

I Am Gotham

Kill me.

Tom King/David Finch, 2016– Batman, Ausgabe #1 - schon wieder -, ist eine Angelegenheit der Erwartungen. Meine wurden nicht erfüllt. Rebirth sollte zum Kern der Figuren zurückkehren und charakterorientiert erzählen, doch davon ist in dieser Geschichte wenig zu finden. Kanon und Kontinuität werden mit der von DC schon erwarteten Nachlässigkeit behandelt. Die Geschichte um Batman und den Superhelden Gotham wirkt erzählerisch wenig ausgearbeitet und unfertig. Der Aufstieg und Fall von Gotham erfolgt gehetzt und gibt dem Leser wenig Zeit, sich überhaupt für die Figur zu interessieren. Batman hingegen scheint einer Auseinandersetzung mit Gotham nicht fähig und sieht die Lösung aller Probleme in Helden mit Superkräften. Dieser Gedanke ist unschlüssig, konnte er sich doch erfolgreich mit Superman und Göttern messen. Als Ultima Ratio ruft Batman vielleicht Helden mit Superkräften zur Unterstüzung herbei, wird sich ihnen aber niemals untergeben. Ein grober Fauxpas in der Charakterisierung Batmans. Zu diesen großen erzählerischen Mängeln gesellen sich zahlreiche Unstimmigkeiten in Details, die sich nur schwerlich unter dem Mantel von Rebirth rechtfertigen lassen.

Endgame

I’m just going to rest here a little while with my friend.

Scott Snyder/Greg Capullo, 2014-2015– Wenn Death of the Family als Komödie gedacht war, ist Endgame die Tragödie. Und Batman ist sich der Tragödie bewusst. Er weiß, dass der Tod auf ihn wartet und er ihn nicht abwenden kann. Doch er kann sich ihm mutig entgegenstellen. Die Erzählung fühlt sich wie die unmittelbare Fortsetzung zu Death of the Family an. Und so führt Snyder seine hervorragende Darstellung des Jokers weiter. Der Joker ist das Böse, und durch eine fantastische erzählerische Wendung gibt Snyder ihm einen möglichen neuen Ursprung wahrlich dämonischen Ausmaßes. Vorbei sind auch die Spekulationen, ob der Joker Batmans Identität kennt. In der brillant aufgebauten Erzählung läuft alles auf das Ende der Figuren hinaus. Snyder beginnt im Großen mit viel Brimborium und einer vergifteten Justice League, die es auf Batman abgesehen hat, und er endet im Kleinen mit den beiden Seelenverwandten in einer dunklen Höhle, völlig allein sich und ihrem Tod überlassen. Die Art und Weise wie uns Snyder und Capullo diese Szenen vor Augen führen, beschreibt eine tiefe Romantik im Tod der Figuren. Es ist ein leiser Tod in Batmans kleinstem möglichen Kosmos. Snyder setzt sich hiermit deutlich von Morrisons Interpretation ab, und ich hätte mir keine bessere Wahl vorstellen können. Das gilt auch für Capullos Zeichnungen, die unersetzbar zur Atmosphäre beitragen und gerade im beängstigenden Grinsen des Jokers und aller Infizierten den blanken Wahnsinn offenbaren. Snyder und Capullo verlassen The New 52 mit dem Höhepunkt ihres Schaffens.

Batman Eternal Vol. 3

Is Batman eternal?

Scott Snyder, James Tynion IV, Ray Fawkes, John Layman, Tim Seeley, Kyle Higgins/Fernando Blanco, ACO, Javi Fernandez, Alessandro Vitti, Christian Duce, Ronan Cliquet, Juan Ferreyra, Álvaro Martínez, Eduardo Pansica, Robson Rocha, David Lafuente, Tim Seeley, Ray Fawkes, Andrea Mutti, Felix Ruiz, David Furno, Joe Quinones, Jed Dougherty, 2015– Kontinuität. In einem gemeinsamen Universum ist Kontinuität ein wichtiger Faktor. Sie hält ein gemeinsames Universum zusammen. In Eternal ist nicht viel davon vorhanden. Auf die Handlungsstränge aus Tomasis Batman & … und Ereignisse wie Arkham War wird entweder fehlerhaft oder gar nicht eingegangen. Völlig rätselhaft bleibt, warum Robin in Eternal keinen Auftritt hat, ja noch nicht einmal Erwähnung findet. Verbunden mit ärgerlichen Flüchtigkeitsfehlern wird jegliche Resterzählung ruiniert. Snyder, Fawkes, Layman, Seeley und Higgins haben Beiträge geleistet, sind aber längst gegangen, und Tynion gelingt hier gewiss kein runder Abschluss. Mittlerweile hat der Leser auch erkannt, dass mit Eternal der erste Akt aus Knightfall wiedergekäut wird: der Strippenzieher fordert Batman so lange, bis dieser erschöpft und leichte Beute wird. Harper Rows Werdegang wird schwach erzählt, was allerdings – und nun gibt es auch Positives – nicht auf Catwoman zutrifft. Die Figur macht eine interessante und wohl formulierte Entwicklung durch. Applaus gibt es auch für die Charakterisierung Killer Crocs. Das genügt jedoch nicht, um das Finale dieses Erzählungsbogens in ein gutes Licht zu stellen. Eternal war eine Reise durch das Batman-Universum mit seinen Figuren und Schauplätzen. Aber sie war schlecht geplant, noch schlechter ausgeführt, und schon nach wenigen Kapiteln nicht mehr unterhaltsam.

Batman Eternal Vol. 2

I think it’s time we had a chat with the boss.

Scott Snyder, James Tynion IV, Ray Fawkes, John Layman, Tim Seeley, Kyle Higgins/Jorge Lucas, Dustin Nguyen, Andy Clarke, R.M. Guera, Juan Ferreyra, Javier Garrón, Meghan Hetrick, Simon Coleby, Fernando Pasarin, Jason Fabok, 2014-2015– Vol. 2 bleibt der gehetzten, scheinbar ziellos umherirrenden Erzählstruktur treu, kann aber doch einige Charakterisierungen präsentieren. Hervorragend hat mir die Wahl gefallen, Tim zum Initiator der Familienversöhnung zu machen. Schon nach dem Tod von Bruce Wayne zeigte er Initiative, und diese passt erneut gut zur Figur. Von einer Versöhnung ist die Familie weit entfernt, aber der Moment, in dem die Familie wieder miteinander spricht, ist ergreifend. ACH KOMM! Nun mal Tacheles: Eternal hat ein schwerwiegendes Problem mit der Kontinuität. Und auch die Geschichte – oder Geschichten – ergeben immer weniger Sinn. Die Zerstörung von Gotham City und allem, was Batman wichtig ist, ist als Thema völlig ausgelutscht und erfährt auch hier keine neuen Facetten. Wohin die Erzählungen steuern, bleibt im Trüben. Das ist nicht als Mittel zur Erzeugung von Spannung zu verstehen – nein, der Spannungsbogen ist nach wie vor mangelhaft. Es ist das sichtbare Chaos, welches seit dem Beginn der Serie hinter den Kulissen wütet.

Batman Eternal Vol. 1

Hey, yourself.

Scott Snyder, James Tynion IV, Ray Fawkes, John Layman, Tim Seeley/Jason Fabok, Dustin Nguyen, Andy Clarke, Trevor McCarthy, Emanuel Simeoni, Guillem March, Riccardo Burchielli, Ian Bertram, Mikel Janín, 2014– Das führt zu nichts. Schon vor dem Ende von Vol. 1 stellt sich die Frage, wie die Geschichte jemals aus dem Durcheinander herauskommen will. Eternal leidet unter seinem eigenen Gewicht, rennt in zu viele Richtungen und bietet keine Belohnungen für den Leser. Und der Spannungsbogen ist schlichtweg katastrophal. Im ersten Kapitel ist Snyders Handschrift noch deutlich zu erkennen. Dialoge und Szenen sind auf hohem Niveau. Doch schnell verrennen sich die Erzählungen und zeigen viele Figuren und viele Schauplätze, nehmen sich aber keine Zeit, diese mit der nötigen Tiefe zu füllen. Hush, Carmine Falcone und sogar Deacon Blackfire werden in The New 52 eingeführt, wobei alle einfach da sind. Die Idee einer wöchentlichen Veröffentlichung der einzelnen Kapitel schien in der Theorie wohl ganz reizvoll gewesen zu sein. Allerdings kommt schnell der Verdacht auf, dass diese in der Praxis an der verfügbaren Zeit und mangelnden Koordination scheitern wird. Jason Faboks Zeichnungen begeistern ebenso wie Brad Andersons Kolorierung. Auch die weiteren Zeichner bieten ein anständiges Niveau, jedoch ist auch hier mit Fortschreiten der Seiten eine fallende Tendenz erkennbar.

Batman and Robin: Robin Rises

You failed, mother. We beat you.

Peter J. Tomasi/Patrick Gleason, Andy Kubert, 2014-2015– Batman and Robin will never die. Der Sammelband knüft nahtlos am vorigen an und führt somit auch gleich dessen actiongeladenes Spektakel fort. Getrieben von dem unbändigen Willen, den Leichnam seines Sohnes zu finden, prügelt sich Batman im Hellbat-Anzug durch Apokolips. Frühere Inkarnationen des zornigen Batmans wirken handzahm, hier haben wir Batman at his ass-kickiest. Batmans Arschtreterei ist temporeich und spannend inszeniert und macht es unmöglich, das Buch aus der Hand zu legen. Dabei trifft Tomasi stets den richtigen Ton und vernachlässigt keineswegs die Tiefe der Geschichte. Mit wenigen Worten im richtigen Moment sagt Tomasi viel über Batman und seine verwandten Figuren aus. Apokolips bleibt nicht die letzte Station. Danach folgt vielmehr der wesentliche Teil: Die Vater-Sohn-Erzählung, die über viele gute Momente verfügt und zeigt, wie ein alleinerziehender Vater versucht, seinen Sohn unter Kontrolle zu bringen. Tomasi hat sich für den versöhnlichen Ausstieg aus der Serie entschieden und verpasst diesem Teil der Erzählung einen optimistischen Ton. Am Schluss erlebt Bruce Wayne einen Erfolg als Batman, aber einen noch viel größeren Erfolg als Vater.

Batman and Robin: The Hunt for Robin

Give me back my son!

Peter J. Tomasi/Patrick Gleason, Doug Mahnke, Andy Kubert, 2014– Die Sammlung enthält viele Elemente, die man in Snyders Hauptserie erwarten würde, und schwingt sich letztendlich und völlig zurecht auf einen ebenbürtigen Level auf. In einigen Momenten neige ich sogar zur Ansicht, dass uns Tomasi Batmans Charakter besser vermitteln kann als Synder. Zusammen mit den grandiosen Zeichnungen von Andy Kubert holt er zum großen Rundumschlag aus, von Son of the Demon über Morrisons Werke Batman Reborn, Incorporated und Final Crisis bis zu Death of the Family. Batmans innere Monologe geben viele Gefühle preis und sind so gespickt mit Eigenreflexionen wie selten zuvor. Dieser Band beschäftigt sich überwiegend mit Batman & Justice League (post-Forever Evil), wobei Tomasi auch deren Wesen glaubwürdig und getreu einfängt. So kurz vor dem Ende seiner Serie darf er dann auch mit großem Spektakel auffahren, das immer wieder von kleinen, bedeutsamen Momenten begleitet wird. In seltenen, aber den richtigen Augenblicken nennen sich die Figuren beispielsweise beim Vornamen, was gegenseitiges Verständnis und eine gewisse Intimität ausdrückt. Wir erfahren ferner, dass die langjährigen Mitglieder der Justice League eine schützende Hand über Batman halten, ist er doch der einzige ohne Superkräfte. Dann die eigentliche Sensation: Batman bringt die Familie zusammen! Das war kaum noch zu erwarten, und hat mich in der konkreten Art und Weise auch nicht völlig überzeugt, aber schließlich gelingt Tomasi auch dieser Komplex. Auf zum großen Finale!

Batman and Robin: The Big Burn

As long as one of us is free, then both of us are free.

Peter J. Tomasi/Patrick Gleason, 2013-2014– Nach Batman & … folgt das fünf Kapitel kurze Batman & Two-Face unter dem Titel The Big Burn. Und begegnete ich nun Tomasi, würde ich vor ihm wohl auf die Knie fallen. Two-Face bekommt einen neuen Ursprung, und dieser ist verdammt gut, er ist auf Augenhöhe mit dem aus The Long Halloween. Grundlegende Faktoren wie die juristische Tätigkeit Dents und der Angriff mit Säure bleiben erhalten. Doch Tomasi macht einen sehr selbstbewussten Schritt und erzählt darüber hinaus eine neue eigenständige Geschichte. Er verstärkt nicht nur Harvey Dents Charakter, sondern auch die Beziehungen von Dent zu Bruce Wayne und Batman. Das Wesen von Two-Face ist seine bipolare Persönlichkeit, und Tomasi macht Batmans Glaube an das Gute in ihm glaubhafter denn je. Die Persönlichkeiten scheinen in dieser Version gefestigter, Two-Face ist weniger der durchgeknallte Psychopath aus dem Modern Age. Dennoch bleibt er unberechenbar! Der Entwicklung der Geschichte stand ich zunächst skeptisch gegenüber. Aber sie zieht mächtig an. Eines meiner liebsten Themen ist ein Bündnis zwischen Gut und Böse – und sei es nur für den temporären Zweck. Doch Gut und Böse sind Begriffe, die im Batman-Universum unpassend sind. Sie verschmelzen von schwarz und weiß zu grau, und Tomasi hat mit Batman & Two-Face zwei Figuren gefunden, die sich stets in diesem Bereich bewegen. Zum Ende fährt Tomasi nicht mit nur einem, sondern zwei unerwarteten und überzeugenden Knalleffekten vor. Heilige Guacamole, mir wäre das Buch beinahe doppelt aus den Händen gefallen. Robin wird in The Big Burn nicht ausdrücklich erwähnt, schwingt aber stets in den Dialogen mit. Er ist im Herzen und im Geiste dabei.

Detective Comics: The Wrath

As it turned out, I underestimated a lot of things.

John Layman, James Tynion IV, Joshua Williamson/Jason Fabok, Andy Clarke, Mikel Janín, Henrik Jonsson, Jason Masters, Scot Eaton, Szymon Kudranski, Derlis Santacruz, 2013– In seinem zweiten Band legt Layman noch eine Schippe drauf. Batmans Zustand hat Layman gut erfasst. Nach Damians Tod wecken seine Handlungen Erinnerungen an diejenigen nach Jasons Tod. Batman ist freudloser, verbitterter, wütender, gewalttätiger. Daneben spannt Layman einen großen erzählerischen Bogen und präsentiert eine Vielzahl an Geschichten, von denen einige den Geist von Gotham Central tragen. Ein stringentes Tempo und ein guter Lesefluss zieht sich durch alle Geschichten. Layman darf sogar ein Origin schreiben. Er führt Kirk Langstrom alias Man-Bat in The New 52 ein, was im Hinblick auf die Chronologie zunächst allerdings Verwirrung stiftet. Gelungen ist ihm die Einführung der Figur allemal. Sie ist unprätentiös und passt zum tragischen Langstrom, wie man ihn aus dem Modern Age kennt. In dem großen Strauß der Geschichten bleibt der Namensgeber der Sammelausgabe leider schwach, was an der geradezu penetranten Vorhersehbarkeit der Geschichte liegt. Die Vielzahl der Geschichten deckt nun auch immer mehr Kontinuitätsfehler in The New 52 auf, die man den Autoren, Lektoren und Redakteuren zuschieben muss. Faboks Zeichnungen sind abermals überzeugend. Sein rauer Stil trifft den Ton der Erzählungen. Im Wechsel mit Clarkes Zeichnungen kann sich der Sammelband voll und ganz sehen lassen.

Batman and Robin: Requiem for Damian

 

Peter J. Tomasi/Patrick Gleason, Cliff Richards, 2013– Ein Meisterwerk. Alles, was den vorigen Ausgaben mangelte, aber als Potential stets sichtbar war, entfaltet sich in diesem Band. Die einleitende stumme Erzählung macht die Trauer um Damian spürbar. Gleasons Zeichnungen und das Motiv jedes einzelnen Panels tragen sich selbst und drücken vermutlich mehr aus, als es Worte jemals könnten. Batman & Robin enden hier. An deren Stelle treten Batman & …, in deren Erzählungen Batman fünf Phasen der Trauer erlebt. Er ist nicht mehr er selbst und braucht Hilfe. Batman sucht und erwartet Hilfe von der Familie, doch er sucht vergebens und erwartet zu viel. Die vollen Auswirkungen vom Tod der Familie kommen hier zum Tragen, und der Totengräber ist Batman selbst. Das Motiv jeder Phase macht Tomasi für den Leser erfahrbar. Zusammen mit Batman durchlebt man Wut und Verzweiflung und freut sich am Ende umso mehr, als Licht zu scheinen beginnt. Ungebremst von anderen Titeln zeigt Tomasi nunmehr sein ganzes Wissen und Können als Autor im Batman-Universum. Und spätestens jetzt gilt Gleason für mich als derzeit bester Zeichner der Serie. Der Detailreichtum, die Präzision, Beständigkeit und Energie wird momentan von keinem anderen Zeichner erreicht. Die Sammelausgabe enthält das vollständige Skript zur stummen Erzählung, das in beeindruckender Weise das Zusammenspiel von Tomasi und Gleason beweist.

Batman, Incorporated: Gotham’s Most Wanted

His death will be avenged.

Grant Morrison, Chris Burnham, Joe Keatinge, Nathan Fairbairn, Mike Raicht, Dan Didio/Chris Burnham, Jorge Lucas, Emanuel Simeoni, John Paul Leon, John Stanisci, Ethan van Sciver, 2013– Nach sieben Jahren endet Grant Morrisons Meisterwerk, das in seinem Umfang, seiner Erzählstruktur und vor allem in seiner Charakterentwicklung in der 75-jährigen Geschichte von Batman und auf alle Ewigkeit seines gleichen suchen wird. Das finale Kapitel von Morrisons Ära ist eine Achterbahnfahrt für den Leser, in der Morrison den Leser reichlich beschenkt, ihm freudige Momente beschert und im nächsten Moment große Tragödien erleben lässt. Es ist das Kapitel der vielen Tode und der heftigsten aller Familiengeschichten, in der die Mutter ihren Sohn richtet, um den Vater zu vernichten. Das Batman-Universum kennt viele gefährliche Superschurken, von denen manche gar alles Leben zu zerstören vermögen. Hier, im morrisonschen Kosmos, ist für Batman niemand gefährlicher als Talia al Ghul. Sie nimmt ihm seinen Sohn Damian und damit den Rest Menschlichkeit, den Batman noch besitzt. Es wird noch dunkler um den Dunklen Ritter. Als Leser, der Damians Geschichte kennt, darf man dessen Tod durchaus fatalistisch bewerten. Gotham’s Most Wanted ist von einer starken Kreis-Symbolik durchzogen, so dass in jedem Ende auch ein Anfang liegen mag. Und wer sich an Morrisons Leitsatz erinnert: Batman and Robin will never die. Chris Burnham hat einen ziemlich knackigen Stil verwendet. Die Zeichnungen sind scharf und toll choreografiert. Die Panels sind sehr erzählerisch und bieten einen guten Lesefluss.

Death of the Family

And when the Joker comes for you, he’s going for everything you love.

Scott Snyder, James Tynion IV/Greg Capullo, Jock, 2012-2013– Kaum ein anderes Buch, herkömmliche Belletristik eingeschlossen, hat mir so viel Furcht und Schrecken bereitet. Snyder lässt gleich beim ersten Auftritt die dämonische Kraft des Jokers spürbar werden. Die Atmosphäre ist bitter, brutal, der Joker ist gnadenlos. Er ist das Chaos, das Böse, der Tod, und mir graute es vor jeder nächsten Tat. Das Aufeinandertreffen mit Batman ist größtes Kino. Snyder kann hierbei die Geschichte der beiden mit neuen Elementen verknüpfen und reichert diese mit einer grässlichen Romantik an, dass der Joker und Batman einander als Seelenpartner brauchen. In der Tat kann niemand den Joker so gut verstehen wie Batman, was im Laufe der Geschichte weiter ausgeführt wird. Das Tragische daran ist jedoch, dass der Joker die zersetzende Kraft innerhalb der ohnehin angespannten Familie ist. Und wäre diese Erzählung nicht schon großartig genug, findet Snyder sogar noch Zeit, um Batmans Verhältnis zu Alfred tiefer zu ergründen und mit neuen Komponenten zu versehen. Jedes Kapitel besitzt ein gutes Erzähltempo und geht herausragend mit der Verwendung der Panels um. Statt eines großen Knalls bleibt nachwirkender Schrecken. Capullos Zeichnungen tragen abermals unersetzbar zur Atmosphäre bei. Sie sind finster und rau und die für jeden Schauplatz eigens gewählten Farbpaletten dreckig. Das Ende des Buches ist hart und führt zum Tod der Familie.

Detective Comics: Emperor Penguin

You belong in Blackgate, Cobblepot. It doesn’t matter how you get there.

John Layman/Jason Fabok, Andy Clarke, 2012-2013– Als ob man mich erhört hätte: Layman führt Detective Comics zu neuen Höhen. Laymans Geschichten finden ihren Platz sorgfältig zwischen der Hauptserie und Batman and Robin. Es sind die guten alten ‚Batman gegen‘-Geschichten, die einen klaren Fokus auf Batman und seinen jeweiligen Gegenspieler legen. Erfreulich überrascht haben mich Laymans Behandlungen der Figuren. Er verpasst dem Penguin glaubhafte Motivationen, Poison Ivy Stärke und Clayface eine fast schon bemitleidenswerte Traurigkeit. Die Charakter gehen weit über das Abziehbild eines Bösewichts hinaus. Die Geschichten fügen sich nahtlos in die übergeordnete, titelgebende Geschichte ein und präsentieren durch alle Kapitel hindurch ein stimmiges Bild von Gothams Zustand. Das Erzähltempo ist hervorragend. Und auch das Verhältnis von inneren Monologen zu Dialogen ist Layman gelungen. Die Erzählung spannt sich über Death of the Family bis nach Gotham’s Most Wanted, wobei Layman eine zeitlich verschachtelte Erzählweise verwendet, die ich als unnötig empfunden habe. Auch Faboks Damian sieht für meinen Geschmack zu alt aus. Darüber hinaus gibt es aber keinen Grund zu meckern. Im Gegenteil: Fabok besitzt seinen eigenen Stil, der die Geschichten vollends tragen kann und viel zur Atmosphäre beiträgt. Bitte weiter so.

Batman and Robin: Pearl

I’m nothing like you, Damian!

Peter J. Tomasi/Patrick Gleason, 2012– Tomasi beginnt mit einer effizient erzählen Rückblende zu Damians Erziehung, die zahlreiche Parallelen zu Alexander und Olympia aufweist. Damian wurde geboren, um zu beherrschen. Die Rückblende erklärt sehr gut, warum Damian ist wie er ist und mündet in Batman and Son. Danach wird es etwas zerfahren, ein klarer Fokus auf eine einzige Geschichte ist nicht vorhanden. Über die Hälfte aller Kapitel sind Bestandteile von Crossovern. Man merkt Tomasi die Mühe an, alles unter einen Hut zu bekommen. Doch einzelne Elemente können sich wirkich sehen lassen. Allen voran sind es die Streitigkeiten unter den Robins, die sehr charaktertreu geschrieben sind und Dick um ein weiteres Mal die Rolle des älteren Bruders einnehmen lässt. Damians drastische Handlungen führen dazu, dass Bruce erstmals hinterfragt, ob Damian als Robin geeignet ist. Dies ist eine interessante Frage, die leider nur unzureichend behandelt wird. Viele Vater-Sohn-Momente werden angedeutet, ohne sie danach hinreichend auszuführen. Das hat der erste Teil noch besser gemacht.

Detective Comics: Scare Tactics

Rid yourself of your own love, compassion and joy. Give it to the world.

Tony S. Daniel, Gregg Hurwitz, James Tynion IV/Tony S. Daniels, Ed Benes, Julio Ferreira, Eduardo Pansica, Romano Molenaar, Pere Perez, Henrik Jonsson, Szymon Kudranski, 2012– Solange kein Umbruch stattfindet, ist Scare Tactics die letzte Ausgabe, die ich mir aus der Detective Comics-Reihe zu Gemüte führe. Es ist eine Sammlung von Geschichten, die entweder auf einer dünnen Idee basieren, lahm umgesetzt sind oder beides. Daniel führt Black Mask und Two-Face in The New 52 ein, doch am Ende bleiben wichtige Fragen unbeantwortet; weitere Geschichten verlaufen überwiegend effektlos. Durchgängig ist Batman mies drauf, zornig und ungehalten. Das führt sogar soweit, dass er Catwoman völlig unverhältnismäßig anbrüllt. Ob er einfach nur einen schlechten Tag hat oder wegen der Talons unter Stress steht, wird man hier nicht erfahren. Die Autoren sollten es besser wissen und dem Leser so etwas nicht als gegeben vorlegen. Allerdings gibt es durchaus auch Lichtblicke, Tynion IV zum Beispiel. Seine Arbeit mit Snyder ist hervorragend und auch in den von ihm geschriebenen Geschichten in Scare Tactics schimmert sein Talent durch. Die Geschichten verfügen allesamt über ansprechende Zeichnungen und Kolorierungen, das Fazit ändern sie aber nicht. Meh.

The City of Owls

Get the hell out of my house.

Scott Snyder, James Tynion IV/Greg Capullo, Rafael Albuquerque, Becky Cloonan, Andy Clarke, 2012– Das Finale der Owls-Storyline ist eine hochwertig geschriebene und gezeichnete Erzählung, die klassische Elemente der Serie vereint. Daneben ergreift Snyder die Chance, noch deutlicher die Unterschiede zu Morrisons Prä-Flashpoint-Batman herauszustellen. Im Gegensatz zum nahezu unzerstörbaren Berserker der Morrison Ära, ist Snyders Batman augenscheinlich feiner gestrickt, gerät in unvorhergesehene Gefahren und übt Kritik an sich selbst. Das heißt allerdings nicht, dass die Figur schwach ist. Mit dem Angriff auf Wayne Manor überschreiten die Talons eine Linie, die Batman zum massiven Gegenschlag schreiten lässt. Der zweite Akt von The City of Owls wird von Dialogen beherrscht, die beim Leser Ahnungen und Befürchtungen aufbauen, die sich letztendlich bestätigen. Und zwar im selben Moment, in dem auch bei Batman der Groschen fällt. Das ist spannend und großartig. Trotz des Crossovers ist der Band weitestgehend selbstständig und sehr auf Batman fokussiert. Sein Gegner ist allerdings außerordentlich mächtig und ich weiß nicht, ob mir das so gut gefällt. Der Fokus leidet ein wenig darunter. Auch die Auflösung der Geschichte empfand ich nicht zufriedenstellend, was das eingangs erwähnte Fazit jedoch nicht beeinträchtigt. Capullos Zeichnungen sind nach wie vor großartig und begeistern durch ihren Detailreichtum.

Night of the Owls

God help us all.

Scott Snyder, James Tynion IV, Justin Gray, Jimmy Palmiotti, Gail Simone, Peter J. Tomasi, Judd Winick, Duane Swierczynski, Tony S. Daniel, Kyle Higgins, Scott Lobdell/Greg Capullo, Rafael Albuquerque, Patrick Scherberger, Ardian Syaf, Lee Garbett, Andy Clarke, Jason Fabok, David Finch, Marcus To, Travel Foreman, Guillem March, Tony S. Daniel, Eddy Barrows, Andres Guinaldo, Kenneth Rocafort, 2012– Das erste Crossover des DCnU ließ nicht lange auf sich warten. Während es in formaler Hinsicht wohl das beste Crossover ist, das ich bisher gelesen habe, bringt es inhaltlich nichts Neues. Night of the Owls spielt in einer einzigen Nacht. Ausgangspunkt ist Alfreds Übermittlung des Signals an die Angehörigen der Batman-Familie. Für ein Crossover ist das alles sehr gut strukturiert und aufgebaut, die minutiöse Chronologie der Ereignisse ist hilfreich. Jedes Mitglied der Batman-Familie bekämpft einen Talon, so dass die Geschichten das Gefühle der Familie und des Zusammenhalts gut vermitteln. Doch darin erschöpft sich das Buch. Es geht nicht darüber hinaus, dass eben jedes Mitglied der Batman-Familie einen Talon bekämpft. Und zwar nur bekämpft. Das ist großartige, wenngleich sich wiederholende Action. Die Figuren machen jedoch keine Fortschritte. Ein Lichtblick ist Scott Lobdells Red Hood and the Outlaws #9, in dem es Red Hood gelingt, den Talon durch ein Gespräch zu besiegen. Schlecht geschrieben oder gezeichnet ist keine Geschichte, aber sie sind allesamt besser in ihren laufenden Serien als in diesem Crossover-Buch aufgehoben.

The Dark Knight: Knight Terrors

It’s going to happen, and you’re going to be the one to blame.

Paul Jenkins, David Finch, Judd Winick, Joe Harris/David Finch, Ed Benes, 2011-2012– Die Dark Knight-Serie hat viele Probleme und ein Problem ist, den Platz neben der regulären Batman-Serie und Detective Comics zu finden. Die Idee ist, Geschichten über Bruce Wayne und Batman zu erzählen, die die Figuren in ihrem Umfeld zeigen. Knight Terrors wird dieser Idee kaum gerecht. Die Geschichte eröffnet mit einem Ausbruch aus Arkham (schon wieder), und man möchte empört die Arme in die Luft werfen. Knight Terrors erstickt an seiner eigenen Oberflächlichkeit. Die Autoren lassen eine breite Galerie von Superschurken antreten, nahezu die gesamte Batman-Familie und die Helden Wonder Woman, Flash und Superman. Keine der Figuren kommt über ein Abziehbild ihrer selbst hinaus und werden gnadenlos als Schauwerte verheizt. Die Erzählung selbst ist sprunghaft. In wenigen guten Momenten wird das Verhältnis zu Alfred vertieft, und Batman reflektiert über sich und die Menschen um ihn herum. Hierzu werden innere Monologe verwendet, die in der dritten Person geschrieben sind. Das ist nicht nur fragwürdig, sondern unnötig.

Detective Comics: Faces of Death

An insane killer without a face.

Tony S. Daniel, 2011-2012– Das erste Kapitel ist klassisches Detective Comics. Die Geschichte dreht sich um Batman, Gordon und den Joker – die erweiterte Batman-Familie spielt keine Rolle. Daniel paart diese Klassik mit The New 52. Und das gelingt ihm hervorragend. Gerade die Verwendung zahlreicher moderner und zukunftsorientierter Technologien ist erfreulich, das Verhältnis von Batman und dem Joker spannend wie eh und je. Der Joker wirft Batman Tunnelblick vor, dass er das Gesamtbild nicht sehe. Und welch‘ Ironie, das trifft auch auf Daniel zu. Das erste Kapitel schließt und damit auch die Geschichte. Eine neue Geschichte tritt an deren Stelle. Das Erzähltempo ist wechselnd, die Geschichte selbst zum Nase rümpfen geschrieben. Und so zieht sich das nun bis zum Ende durch. Mal abgesehen von dem durchgängigen Thema über Gesichter ist ein roter Faden nicht zu erkennen. Von einer Geschichte zur anderen fühlt sich Ort und Zeit nicht gleich an. Das Buch enthält mehrere kleine Geschichten, die in der Qualität stark nachlassen und kein lückenloses Gesamtbild ergeben. Wieder einmal sind die Zeichnungen Daniels Rettung. Mehrmals wendet er seine Spezialität an und präsentiert kraftvolle ganzseitige Panels. Auch der Aufbau und die Anordnung der Panels wissen weiterhin zu gefallen.

Batman and Robin: Born to Kill

I want you to control yourself.

Peter J. Tomasi/Patrick Gleason, 2011-2012– Die Geschichte widmet sich der Vater-Sohn-Beziehung. Es geht um Erziehung, Respekt, Rebellion und den ganzen Sack voller Wörter, die eine Beziehung zwischen dem heranwachsenden Sohn und seinem Vater kennzeichnen. Tomasis Charakterisierungen sind durchaus gelungen. Bruce blickt gleichermaßen stolz als auch besorgt auf Damian, der ein 10-jahriger mit Killerinstinkt ist. Er will ein guter Vater sein, doch sein Umgang mit Menschen ist bekanntermaßen voller Defizite. Tomasi vermittelt auch gut Damians Arroganz, wobei diese bei Daniel und Morrison mehr Biss hatte. Im zweiten Akt hatte ich das Gefühl, dass die Geschichte nicht die Biege schafft. Tut sie aber im dritten Akt. Die Erzählung gewinnt an Stärke und entwickelt eine mächtige Atmosphäre. Massive Bilder gehen einher mit stimmungsvollen Farbpaletten. Gleasons Zeichnungen sind erstklassig, die Panels unterschiedlich angeordnet und sehr dynamisch. Grafisch ist Born to Kill ziemlich brutal, gerade wenn man bedenkt, dass ein Kind eine der beiden Hauptfiguren ist. Am Ende lässt sich sagen, dass es dennoch kein perfekter, aber vielversprechender Start der Serie ist und man weiteren Ausgaben gespannt entgegen sieht.

The Court of Owls

I am the only legend this city needs.

Scott Snyder/Greg Capullo, 2011-2012– Batman, Ausgabe #1, beginnt mit einem inneren Monolog von Batman, der gleichzeitig an den Leser adressiert ist. Der Leser weiß allerdings mehr als Batman und ist mit ihm sicherlich nicht einer Meinung. Snyder führt den Leser kritisch an die Figur von Batman heran. Ich halte das für einen gelungenen Schachzug. Snyders Stil setzt sich in The Court of Owls fort. Die Geschichte besitzt einen hervorragenden Erzählfluss, sie ist spannend, actionreich und findet immer wieder zu den Figuren zurück. Die Figuren haben sich seit dem Modern Age nicht wesentlich geändert. Sie sind jünger, aber ihre Charakterzüge sind geblieben. Und manche werden wieder zum Vorschein gebracht. In Actionszenen sehen wir das Grinsen in Batmans Gesicht, das wir so lange vermisst haben, oder den Kindskopf, der schnell noch ein Foto von einem erledigten Gegner macht. Was The Court of Owls deutlich von Prä-Flashpoint unterscheidet, ist, dass es wirklich eine Geschichte am Puls der Zeit ist. Batman hat ein massives Technologie-Update erhalten und den Wandel von analog auf digital vollzogen. The Court of Owls bricht im zweiten Teil in einen höllischen Albtraum in Text und Bild. Es ist die unheimlichste Erzählung seit langem, ein intensives Leseerlebnis. Capullos Zeichnungen könnten kaum besser sein. Von der Architektur Gotham Citys über die Actionszenen bis zum furchteinflößenden Wahnsinn des letzten Akts, Capullo trifft stets den Nagel auf den Kopf. The Court of Owls ist nicht nur der gelungene Neustart, sondern eines der besten Bücher der gesamten Serie.

Justice League: Origin

We’re not friends. We’re not a team.

Geoff Johns/Jim Lee, 2011-2012– Origin spielt 5 Jahre vor The Court of Owls und handelt von der Formierung der Justice League. Es setzt einen neuen Kanon ins DCU (genauer: DCnU, DC New Universe). Mitglieder der ersten Stunde sind Aquaman, Batman, Cyborg, Flash, Green Lantern, Superman und Wonder Woman. Und auch innerhalb der Gruppe deutet sich eine Neuordnung an. Anders als in den Erzählungen des Modern Age wird die Justice League nicht von Superman, sondern von Green Lantern angeführt. Es ist eine Gruppe von Außenseitern, in der große Egos aufeinander prallen. Die Justice League ist keine Freundschaft, sondern eine Schicksalsgemeinschaft. Die Reibungen zwischen den Figuren machen den größten Reiz von Origin aus. Johns versteht es, diese mit Humor anzureichern. Dass Batman als einziger in der Gruppe über keine Superkräfte verfügt, wird beinahe zum Running Gag. Der Rest ist pure Action. Es knallt und donnert auf jeder Seite, die Qualität der Geschichte bleibt deutlich auf der Strecke. Doch es ist unterhaltsame Action, in der Jim Lees Zeichenstil vollends zur Geltung kommt. Origin ist ein schneller Einstieg ins DCnU, das auch ohne große Vorkenntnis der Figuren gelesen werden kann.

Zero Year – Dark City

A little pain, a little death.

Scott Snyder, James Tynion IV/Greg Capullo, Rafael Albuquerque, 2014– Da Snyder nun schon eine neue Ausgangssituation gesetzt hat, fühlt sich der zweite Teil etwas runder an als Secret City, kämpft letztendlich aber mit denselben Problemen. Snyder erzählt weiterhin eine spannende Geschichte. Diese wirft zwar viele Fragen auf, doch das tut dem unterhaltsamen Duell zwischen Batman und dem Riddler kaum einen Abbruch. Nein, die Probleme stammen abermals aus der Eigenschaft Zero Year. In Snyders Version ermittelte James Gordon bereits im Mordfall Wayne, und auch noch im volljährigen Alter ist Bruce vom Tod seiner Eltern geradezu traumatisiert. Das sind keine schlechten Ideen, doch wirken sie so, als wolle sich Snyder bewusst von Batmans Ursprung und Entwicklung im Modern Age absetzen. Im Buch fühlt es sich stets an, als seien diese Elemente zu sehr gewollt. Als unangenehm empfunden habe ich auch die Umstände, dass Batman in dieser Zeit bereits zahlreiche Gadgets besitzt. Vom Batmobil über das Batboot zum Batzeppelin ist alles dabei. Das ist unglaubwürdig und verspielt die Chance, den Erwerb dieser Hilfsmittel in späteren Geschichten zu erzählen. Über jeden Zweifel erhaben: Capullos Zeichnungen und Plascencias Kolorierungen (famos).

Zero Year – Secret City

I shall become a bat.

Scott Snyder, James Tynion IV/Greg Capullo, Rafael Albuquerque, 2013– Zero Year spielt 6 Jahre vor The Court of Owls. Und da nach Flashpoint alles bei Null beginnt, macht es für mich am meisten Sinn, Zero Year in der Chronologie hier einzuordnen. Snyder stellt sich wissentlich einem unfairen Vergleich, den er nur verlieren kann. Und so kämpft meine Rezeption mit der Anerkennung Snyders, eine überwiegend gute Geschichte erzählt zu haben und der Bürde, dass ein neuer Ursprung niemals Year One das Wasser reichen kann. Die Unkenntnis von Year One wäre hier von Vorteil. Snyder wählt für Batmans Ursprung eine neue Geschichte, die mich hinsichtlich der Wandlung von Bruce Wayne zum Dunklen Ritter nicht ganz überzeugt hat. In der bunt, laut und actionreich erzählten sowie gezeichneten Geschichte deutet sich Bruce Waynes anfängliche Orientierungslosigkeit lediglich an. Die spätere Wandlung erscheint nicht wie die logische Konsequenz aus seinem Charakter und seinen Handlungen. Andererseits funktioniert die Geschichte in den weniger entscheidenden Momenten sehr gut. Und auch wenn es sich nicht im geringsten um einen abstrakten Bauplan handelt, lassen sich zahlreiche Elemente aus der Erzählung weiter entwickeln. Wann wird sich das hier noch sonnige Gotham verdunkeln? Wie mächtig wird der Riddler? Zero Year ist Snyders bewusstes Anti-Year One. Doch auch nach dem zweiten Lesen weiß ich nicht, ob er den richtigen Weg gewählt hat.

Flashpoint

This hell is your creation.

Geoff Johns/Andy Kubert, 2011– Flashpoint führt zum kompletten Neustart aller DC Serien und der Zusammenführung der Verlagserzeugnisse von DC Comics, Vertigo und WildStorm in ein einziges Universum. Es hätte viele Wege gegeben, den Übergang darzustellen. Als Blockbuster, als Gehirnfick oder einfach als bescheidenes Ereignis und Einladung für Einsteiger. Flashpoint ist die beiden letztgenannten. Es ist das zugänglichste DC Ereignis, und vor allem ist es knapp. 5 Kapitel sind es. Die Hälfte davon verbringt Barry Allen ohne Superkräfte und führt ein Gespräch mit Batman. Nicht mit dem Batman, den wir kennen. Mit Thomas Wayne, der seinen Sohn vor langer Zeit verloren hat. Cyborg ist der mächtigste Superheld, von Superman hat noch keine Menschenseele gehört, Wonder Woman und Aquaman führen Krieg. Die Welt, die wir und Barry kennen, steht Kopf. Den Kern der Geschichte bildet der Verlust eines geliebten Menschen, und deswegen ist es nur konsequent, dass Johns den Fokus auf Barry und Batman legt. Natürlich machen sich die Protagonisten auf die Suche nach dem Schuldigen für das Durcheinander in der Welt und versuchen, den Status quo wieder herzustellen. Aber dieser Handlungsstrang ist nur ein Ablenkungsmanöver. Den Status quo wird Barry nicht wieder herstellen, sondern etwas Neues schaffen. Der Umbruch vom Modern Age zu The New 52 wird auf einer anschaulichen Doppelseite vollzogen. Fans von Andy Kubert kommen in Flashpoint voll auf ihre Kosten. Seine Brillanz kommt wie so oft in statischen Bildern zu Ausdruck, in den Gesichtern der Figuren und generell dann, wenn Emotionen im Spiel sind. Flashpoint liest sich hervorragend, es liest sich einfach, spannend und unterhaltsam. Der Entscheidung von DC Comics, das gesamte Universum neu zu starten, darf man kritisch gegenüber stehen. Ob einem die Entscheidung gefällt oder nicht, spielt für Flashpoint keine Rolle. Es ist ein gutes Buch.

Batman, Incorporated: Demon Star

I promised love. He chose war.

Grant Morrison/Chris Burnham, Frazer Irving, 2012-2013– Aufgrund seiner Struktur ist Demon Star schwer in die Chronologie einzuordnen. Es beinhaltet Elemente von The New 52, spielt aber vor Flashpoint. Damit aber nicht genug; mit Demon Star entfernt sich Morrison von der ursprünglichen Idee der Serie. Im Vordergrund stehen die Familiengeschichten Bruce, Talia, Damian (Vater, Mutter, Sohn), Ra’s, Talia (Vater, Tochter) und Ra’s, Talia, Bruce (Vater, Tochter, Schwiegersohn in spe). Morrison rekapituliert das erste Treffen von Bruce und Talia inklusive der gemeinsamen Nacht und dehnt den Kanon so weit wie möglich, ohne ihn zu brechen. Im Grunde schreibt Morrison nicht mehr Batman, Incorporated, sondern sein ganz eigenes Batman & Robin. Mit weiteren Referenzen zur Demon-Trilogie, The Black Glove und Final Crisis erzählt Morrison wieder einmal große Geschichten mit nur wenigen Sätzen und Bildern. Erstaunlich, faszinierend, beängstigend, Morrison. Gegen Ende gibt es ganz große Emotionen, schwere Entscheidungen und einen geradezu herzzerreißenden Moment, der so viel aussagt über das Verhältnis von Vater und Sohn als es schwerlich jemals zuvor getan wurde. Neben der wundervoll gezeichneten Einleitung (Irving) können sich auch Burnhams Zeichnungen voll und ganz sehen lassen.

Gates of Gotham

You will bear witness to the end of an era.

Scott Snyder, Kyle Higgins/Trevor McCarthy, 2011– Gates of Gotham bietet eine Erzählung aus Vergangenheit und Gegenwart. Snyder präsentiert abermals eine raffinierte Erzählweise, die beide Epochen geschickt verknüpft und nach und nach Informationen preisgibt. Die Spannung bleibt aufrecht und wird durch zahlreiche Überraschungsmomente befeuert. Während wir in der Vergangenheit die großen drei Familien Gothams sehen (Wayne, Elliot, Cobblepot), sehen wir in der Gegenwart eine Familie: Die Batman-Familie. Batman, Robin, Red Robin und Black Bat kämpfen mit vereinten Kräften. Die Figuren sind ausnahmslos gut geschrieben. Jede Figur ist in ihrem Element und bekommt den Platz, den sie verdient. Es gibt vereinzelte Reibungspunkte, aber so ist das eben in einer Familie. Am Ende zahlt sich die Zusammenarbeit aus. Und am Ende weiß Dick, dass er ein würdiger Batman ist. Sein Weg als Batman findet hier seinen Abschluss. Gates of Gotham schlägt die Brücke zu The New 52, nicht mit einem lauten Ereignis, sondern mit dem leisen Zusammenhalt der Familie. McCarthys Zeichnungen sind nicht unumstritten, haben mich aber von der ersten Seite an gefesselt. Die in den Erzählungen aus Vergangenheit und Gegenwart verwendeten Farbpaletten sind wunderschön, in der Gegenwart finster, dennoch kraftvoll.

Streets of Gotham: The House of Hush

You Waynes are hard to kill.

Paul Dini/Dustin Nguyen, 2010-2011– Der letzte Teil der Streets of Gotham-Reihe setzt wenige Glanzlichter und bleibt am Ende unbefriedigend. Thematisch hat The House of Hush einiges zu bieten: Die Geschichte über Damian/Robin und Colin/Abuse wird weitergeführt. Damian lässt Dick in Unkenntnis und sucht sowas wie einen Backup-Partner in Abuse. Doch die Geschichte wird nicht konsequent zu Ende geführt und endet im Niemandsland. Nicht minder interessant ist der Umstand, dass die Verwandlung in Bruce Wayne mehr und mehr zum Gefängnis für Tommy Elliot wird, zumal er unter ständiger Beobachtung der Justice League ist. Die Verwandlung wird ihm letztendlich zum Verhängnis. Kompliziert und unnötig sind Dinis Geschichten über Judson Pierce, eine Figur aus der Vergangenheit der Waynes. In Rückblenden erleben wir seine Geschichte, die sogar den Joker beinhaltet (katastrophal überflüssig), und lernen ferner mehr über die Vergangenheit von Thomas und Martha Wayne. Er wirkt alles so, als sei Dini auf der Suche nach Lücken in der Vergangenheit, die er füllen kann. Neben Referenzen zu Heart of Hush und Gotham City Sirens gibt es auch das große Wiedersehen zwischen Bruce und Selina, das leider überhaupt keinen Schneid besitzt. The House of Hush ist eine enttäuschende letzte Ausgabe in einer einigermaßen unterhaltsamen, aber gänzlich überflüssigen Serie.

The Black Mirror

My name is Dick Grayson. I am Gotham City’s Batman.

Scott Snyder/Jock, Francesco Francavilla, 2011– The Black Mirror ist der Beginn der Ära Snyder und wird bereits als Klassiker bezeichnet. Tatsächlich weist The Black Mirror zahlreiche Gemeinsamkeiten mit dem Klassiker, mit Year One auf. Es handelt von Geschichten über die Figur, die hinter der Maske steht, über die Gordons und über Gotham City. Die Figuren reden viel über Gotham City. Sie charakterisieren die Stadt, so dass die Stadt selbst zu einer Figur wird. In Gotham schlägt ein dunkles Herz und davon wurde selten so überzeugend und so reich erzählt wie in The Black Mirror. The Black Mirror strotzt nur so von Anspielungen. Und anders als in Life After Death fügen sie sich in The Black Mirror nahtlos in die Erzählung ein und bereichern sie. Genau so nahtlos sind Snyders Dialoge, die sich natürlich und lebendig lesen. Während die Geschichten über Dick Grayson von Jock illustriert wurden, wurden die über die Gordons von Francesco Francavilla gezeichnet. Im direkten Wechsel sind Unterschiede zu erkennen, stilistisch liegen sie aber auf einer Wellenlänge und fügen sich zu einem harmonischen Gesamtbild zusammen. Überaus gelungen ist die Anordnung der Panels, insbesondere beim Umblättern der Seiten. The Black Mirror ist ein ausgezeichnetes Buch. Nach dem metaphysischen Hokus-Pokus stellt The Black Mirror eine gelungene Neuausrichtung dar.

Batman and Robin: Dark Knight vs. White Knight

The more things change, the more they stay the same.

Paul Cornell, Peter J. Tomasi, Judd Winick/Scott McDaniel, Christopher Jones, Patrick Gleason, Guillem March, Greg Tocchini, Andy Smith, 2011– Ein Lückenfüller zwischen Morrisons Trilogie und The New 52, dessen drei Geschichten nicht miteinander verknüpft sind. Der Auftakt behandelt weniger Batman & Robin, sondern Bruce Wayne. Wir lernen viel über sein Verhältnis zu Frauen kennen – stets im Zwiespalt zwischen seinen Gefühlen und der Figur Bruce Wayne als Alter Ego zu Batman. Cornells Geschichte beinhaltet die interessante Konstellation, dass der Schurke Batman und Robin nutzt, um an Bruce Wayne heranzukommen und nicht umgekehrt. Tomasis titelgebende Geschichte zeigt ein eingespieltes Team und klassische Detektivarbeit. Zwar gibt Damian stets Kontra, jedoch nicht mehr ganz so bissig wie zuvor. Der Antagonist ist nicht nur vom Namen her eine Variation des Batman-Themas, sondern auch von dessen Geschichte, was mir ganz gut gefallen hat. Gleasons Zeichnungen sind jedoch der Trumpf dieser Geschichte. Stark, gerade in der Verwendung von Schatten. Das kann man von Winicks Abschlussgeschichte nicht behaupten. Von Tocchini schrecklich gezeichnet (viel zu flach und mit zu dicken Strichen), ist auch die Erzählung um Jason Todd ziemlich mau und hinterlässt einen unausgegorenen Geschmack.

Batman, Incorporated

Batman is everywhere.

Grant Morrison/Yanick Paquette, Chris Burnham, Scott Clark, Dave Beaty, Cameron Stewart, 2011– Als wenn es das nicht ohnehin schon wäre, zementiert Batman, Incorporated Morrisons vielseitiges und weitblickendes Erzähltalent. Er kann extrem kopflastige, aber auch einfache Geschichten schreiben. So wie den Auftakt in Japan, der gänzlich unmorrisonesk daher kommt und uns endlich wieder Batman und Catwoman zusammen zeigt. Wir erleben Referenzen an das Silver Age, an das Golden Age und an Batman ’66 und Figuren aus der Geschichte von DC und unternehmen einen Ausflug zur neuen Batwoman (deren Serie übrigens so fantastisch ist, dass ich überlege, meine Anmerkungen zu den Büchern hier aufzunehmen). Und in diesem großen Bogen rückt der eigentliche Antagonist Leviathan nach und nach ins Rampenlicht. Klasse gemacht! In seiner Reise um den Globus erkennt man mehr und mehr, dass Batman nicht bloß eine Person ist. Weit über Gotham City hinaus ist Batman eine Idee, und Menschen nehmen sich ein Beispiel daran. Batman selbst erlebt eine bemerkenswerte Charakterwandlung. Er, der sonst gar Familienmitglieder meidet, rekrutiert Fremde. Eine Wandlung, die auf die Ereignisse während seiner Reise durch die Zeit zurückzuführen ist. Die erzählerisch wie zeichnerisch vielfältigen Geschichten folgen dem gemeinsamen Thema Leviathan. Trotz ihrer Unterschiedlichkeit sind sie verknüpft, was keinesfalls eine Selbstverständlichkeit ist. Applaus!

Gotham Shall Be Judged

My battle is against sin.

David Hine, Fabian Nicieza/Cliff Richards, Guillem March, Freddie E. Williams II, 2011– Crossover aus Azrael, Batman, Red Robin und Gotham City Sirens ohne Belang und zur Hälfte unterhaltsam. Die von Hine erzählten und von Richards mit viel Fleisch und Blut finster gezeichneten Azrael-Geschichten gehen mit dem Religionsaspekt nicht gerade zimperlich um, und man wundert sich, dass DC dieses für die ach so korrekte Öffentlichkeit der USA freigegeben hat. Im Unterschied zu Batman bekämpft Azrael nicht Verbrechen, sondern Sünde. Dennoch sieht Bruce in ihm einen Verbündeten – und damit sieht er mehr als Dick. Hier schwingt der Umstand mit, dass Bruce bei seiner Reise durch die Zeit eine Zukunft in Flammen gesehen hat. Er setzt auf jede Hilfe, die er finden kann. Weiterhin sehen wir, dass Dick als Batman nicht über dieselben Fähigkeiten verfügt wie Bruce. Er besitzt eine Unsicherheit und Unachtsamkeit, die wir bei Bruce niemals erleben werden. Doch genau das macht ihn menschlich. Die nahezu titelgebende Judgment on Gotham-Storyline bleibt leider äußerst blass und weder gefallen mir Nicieza als Autor noch March als Zeichner. Die Figuren und ihre Taten bleiben durchweg unglaubwürdig. Der interessante Aspekt an der Storyline ist lediglich, dass Azrael meint, von Gott geleitet zu werden. Tatsächlich wird er jedoch von einem Dämon geleitet, der in Gotham Shall Be Judged den eigentlichen Antagonisten darstellt.

Bruce Wayne: The Road Home

I’m not sure anyone has missed me at all.

Fabian Nicieza, Bryan Q. Miller, Mike W. Barr, Derek Fridolfs, Adam Beechen, Marc Andreyko/Cliff Richards, Pere Perez, Szymon Kudranski, Agustin Padilla, Ramon Bachs, Javier Saltares, Peter Nguyen, Scott McDaniel, 2010– Bruce Wayne: The Road Home ist so lächerlich überflüssig, dass die Gefahr besteht, mittendrin daran zu verzweifeln. Der Gedanke, dass Bruce Wayne überprüft, wie sich seine Familienmitglieder in seiner Abwesenheit entwickelt haben, ist gar nicht so abwegig. Aber das ist mit diesem Buch selten dämlich umgesetzt, und die Entwicklungen hat man in sämtlichen Büchern seit R.I.P. und Final Crisis doch schon gelesen. Bruce Wayne: The Road Home ist DCs Ausdruck von Geldschneiderei. Mit einer geheimen Identität (The Insider *facepalm*) stellt Bruce der Familie Aufgaben und hält das Ergebnis im White Casebook fest. Die ganze Angelegenheit ist emotionslos und hat dem Charme eines Krankenhausflurs. Die Geschichten sind schlecht, die Zeichnungen schwankend. Der Abschnitt Batman & Robin verfügt zwar über eine gute Anordnung der Panels, die Figuren sehen hingegen aus wie aus der Augsburger Puppenkiste. Von Catwoman bleibt visuell nicht mehr als Niedlichkeit, Commissioner Gordon ist ein Märchenonkel. Das möchte ich nicht noch einmal sehen.

Batman and Robin: Batman and Robin Must Die!

Batman’s war against crime goes global tonight.

Grant Morrison/Frazer Irving, 2011– Die Stärke von Batman & Robin: Batman & Robin must die! ist nicht die Geschichte. Es ist ein Werk von Morrison, und wieder einmal steht die Geschichte nicht für sich allein, sondern ist Bestandteil von etwas Größerem. Erst in ihrer Gesamtheit ergeben Morrisons Geschichten ein beeindruckendes Gesamtwerk, das beste, was der Batman-Serie jemals passiert ist. Batman & Robin: Batman & Robin must die! führt die Trilogie und sämtliche Handlungsstränge um Doctor Hurt und Black Glove zu Ende. Gleichzeitig ebnet es den Weg zu einem völlig neuen Kapitel in Batmans Karriere. Verglichen mit anderen Werken ist es ein Leichtgewicht ohne philosophische und metaphysische Tiefen. Der Fokus liegt auf der rasanten Unterhaltung. Morrison präsentiert einen wahrlich atemberaubenden Lesefluss: Auf Seite 1 holt man Luft und liest das Ding in einem Rutsch und Atemzug durch. Und doch lässt Morrison jeder Figur eine Charakterentwicklung zukommen. Batman & Robin: Batman & Robin must die! hat vielfach Schelte bezogen wegen der Zeichnungen von Frazer Irving. Ich finde Irvings Zeichnungen großartig. Die Panels verfügen über wenig Schärfentiefe und sehen aus wie mit dem Pinsel gemalt. Durch die geringe Plastizität ergibt sich fast der Eindruck eines Albtraums. Die Verwendung der Farben ist fantastisch und liegt über dem Niveau der beiden ersten Teile der Trilogie.

The Return of Bruce Wayne

I am Bruce Wayne.

Grant Morrison/Chris Sprouse, Frazer Irving, Yanick Paquette, Georges Jeanty, Ryan Sook, Lee Garbett, 2010– In The Return of Bruce Wayne steht die Existenz des gesamten Universums auf dem Spiel. Es handelt von Multiversen, Zeitreisen und dem Kampf gegen Götter. Und es handelt von Bruce Wayne. Morrison hat mit atemberaubender Charaktertreue geschrieben. Egal in welcher Epoche, in welcher Rolle und in welchem Zustand sich Bruce befindet, er weiß nicht, wer er ist, aber er handelt immer wie Bruce Wayne. Jede Geschichte, ja beinahe jedes Panel, enthält Verweise zu anderen Titeln, und Morrison denkt nicht einmal im Traum daran, dem Leser alle Fakten vorzulegen, um den Geschichten ohne Anstrengung zu folgen. Im abschließenden Kapitel The All-Over steckt der Klimax, hier kommt alles zusammen. Es wirft ein ganz anderes Licht auf die vorangegangenen Kapitel, auf Year One und Final Crisis. Am Ende wird Bruce siegen. Er weiß, wann er einen Gott zu Fall bringen muss und ist sich um die Konsequenzen bewusst. Morrison nähert sich abermals einer gottgleichen Darstellung von Batman – hier sogar in der Figur von Bruce Wayne. Doch diese Tendenz findet ihre Grenze. In The All-Over erfährt Bruce die erste Wahrheit über Batman. Jede Epoche, jede Geschichte, besitzt ihren eigenen Stil, und dennoch ist das durch die sechs Zeichner geschaffene Gesamtbild homogen. Das von Lee Garbett gezeichnete The All-Over enthält gleich mehrere Panels, die in erzählerischer wie auch zeichnerischer Hinsicht nichts geringeres als Meisterwerke sind. Man benötigt zahlreiche Lesedurchgänge, um The Return of Bruce Wayne überhaupt ansatzweise zu verstehen. Doch versteht man es, so ist es überwältigend.

Batman and Robin: Batman vs. Robin

Being Robin is the best thing I’ve ever done, mother.

Grant Morrison/Andy Clarke, 2010– Grant Morrison zieht noch einmal den Anspruch an und präsentiert einen höchst komplexen zweiten Teil der Trilogie. Dick will Bruce in einer Lazarus Grube wiederbeleben. Morrisons Texte stellen nicht unbedingt das Dilemma heraus, in dem sich Dick befindet. Er macht es aber für den Leser nachvollziehbar, warum und dass Dick so viel an der Wiederbelebung von Bruce liegt. Die Lazarus Grube wird zum Desaster, und es ist in diesem Zusammenhang geradezu wohltuend zu sehen, dass auch unsere liebsten Superhelden Fehler machen. Im weiteren Verlauf folgen Batman und Robin den Hinweisen, die ihnen Bruce hinterlassen hat. Das bietet Morrison zum einen die Verknüpfung zu The Return of Bruce Wayne, zum anderen viel Raum für das Zusammenspiel von Dick und Damian. Damian fragt Dick, ob sie noch Batman & Robin sein können, falls Bruce wieder zurückkehrt. Dies beschäftigt Damian sehr, und es sind sehr persönliche und brüderliche Momente, die die beiden teilen. Der Titel des Buchs ist irreführend, denn es geht nicht um einen Konflikt zwischen Batman und Robin. Es ist eine Geschichte über zwei Robins. Es geht um den verzweifelten Versuch von Dick, seinen Mentor wiederzubeleben, und um Damians Zuneigung zu Dick.

Life After Death

You really screwed up this time, Grayson.

Tony S. Daniel, 2009-2010– Life After Death hat Licht und Schatten. Mit der Schilderung der Beziehungen kann Life After Death ordentlich Punkte einfahren. Dick muss sich mit Damian, Selina, Huntress und Oracle auseinander setzen und verfügt dabei noch über eigene Probleme. Daniel gelingt es ausgesprochen gut, die Last zu vermitteln, die auf Dicks Schultern liegt. Die Geschichte ist weniger zufriedenstellend. Die Identität des Bösewichts ist schnell ausgemacht, und viel zu bemüht wirken Daniels Ambitionen, Referenzen aus der Kontinuität zu ziehen. Es wirkt so, als müsse Daniel es dem Leser beweisen, dass er sich mit der Historie der Serie befasst hat. Daniel lässt Life After Death mit einem Knalleffekt enden – nämlich mit der Einführung einer neuen Figur. Das wirkt sehr kalkuliert – zu gewollt, Life After Death in den großen Kanon einzubringen. Die Einführung der Figur wirkt nicht organisch, also nicht aus der Kraft der Geschichte heraus. Daniel, der seine Geschichten selbst zeichnet, ist ein besserer Zeichner als Autor. Seine Zeichnungen gehören zu den besten, die mir in der Serie untergekommen sind. Sie sind modern und haben eine filmische Qualität. Mit seitengroßen Panels macht Daniel deutlich, dass Batman auch nach dem Tod und der Neubesetzung nichts von seinem Ikonenstatus verloren hat. Die Mimiken der Figuren sind sauber gezeichnet, so dass man über den Text hinaus in den Gesichtern der Figuren weiter lesen kann. Die verwendeten Farbpaletten sind breit gefächert und stimmig. Trotz der Schwächen empfehlenswert.

Arkham Reborn

All things are possible here.

David Hine/Jeremy Haun, 2009-2010– Arkham Reborn ist keine Geschichte über Batman. Batman wird woanders gebraucht. Arkham Reborn ist eine Geschichte über Dr. Jeremiah Arkham und das Arkham Asylum. Arkham Reborn verfügt über wenig vordergründigen Horror, vermittelt aber durchweg das Gefühl, dass irgend etwas nicht stimmt. Dass unter der Oberfläche etwas Böses schlummert. Das Arkham Asylum war schon häufig Gegenstand einer Erzählung aus dem Batman-Universum, es hat im Laufe der Zeit eine eigene Persönlichkeit gewonnen. Es ist zu einer eigenen Figur geworden, zu einem Monster. Und es scheint, als wären alle Figuren verflucht, die sich seine Obhut begeben. Hine hat sich diesem Monster gewidmet, und auch wenn Arkham Reborn keine Geschichte über Batman ist, so fügt sie sich nahtlos in sein Universum ein. Hauns Zeichnungen deuten stets Unheil an und unterstreichen Hines Intention, den Horror überwiegend im Kopf abspielen zu lassen. Erstklassig sind die Zeichnungen der Gesichter, die ein hohes Maß an Emotionen und Stimmungen verbreiten und maßgeblich zur Atmosphäre beitragen. Arkham Reborn ist kein Buch, das man gelesen haben muss. Es ist von keiner entscheidenden Bedeutung. Aber es ist ein empfehlenswertes Add-on, das mehr Komplexität in Batmans Universum bringt und es deutlich bereichert.

Streets of Gotham: Leviathan

Gotham City can go to hell.

Paul Dini, Christopher Yost, Mike Benson/Dustin Nguyen, 2009-2010– Die Krux von Hush Money setzt sich in Leviathan fort. Und diesmal sind gleich drei Autoren am Werk. Yost beginnt mit einer für sich geschlossenen Geschichte, in der Huntress die Hauptrolle spielt, Benson folgt mit einer ebenso für sich geschlossenen Batman-Geschichte. Beide Geschichten sind unterhaltsam, aber bedeutungslos. In Bensons Geschichte ist die Charakterisierung von Dick nicht ganz stimmig. Er ist sehr routiniert, und das ist er in Daniels und Morrisons Serie gerade nicht. Interessanter ist da schon Dinis Abschluss, in welchem Zsasz einen Kindersklavenring startet. In der Geschichte über entführte und missbrauchte Kinder gelingt Dini die Figurenzeichnung von Damian sehr gut. Für eine zusätzliche Dynamik sorgt das Auftauchen von Colin, einem gleichalterigen Jungen, der im weiteren Verlauf die Identität von Robin erfährt. Mit dem Kindersklavenring packt Dini ein düsteres Thema an, und so ist auch der Grundton von Leviathan. Nguyens Zeichnungen, von denen ich sonst kein großer Fan bin, sind atmosphärisch und actionreich und wie die Geschichten nicht gerade zimperlich, d.h. vor allem blutig.

Streets of Gotham: Hush Money

My name is Thomas Elliot, known to some as Hush.

Paul Dini/Dustin Nguyen, 2009– Wir haben die Hauptserien, wir haben Batman and Robin, Detective Comics und Gotham City Sirens. Irgendwann kommt der Punkt, an dem die Frage gestellt werden muss, ob es überhaupt noch Interessantes zu erzählen gibt. Streets of Gotham: Hush Money ist ein Kandidat, der seinen Platz im Batman-Universum sucht. Das fängt schon beim Titel an: Ist es nun ein Buch über die Straßen Gothams oder über Hush? Es beginnt mit Hush, doch der Fokus rückt schnell von ihm ab und lenkt das Geschehen auf zahlreiche Figuren der Stadt. Streets of Gotham: Hush Money fehlt die erzählerische Stringenz und beinhaltet für eine 128-Seiten-Ausgabe zu viele Erzählperspektiven. Dinis Schreibstil ist dabei natürlich nicht schlecht, das kann ja gar nicht sein, er ist einer der besten. Man merkt, dass ihm die Figuren ans Herz gewachsen sind. Man merkt aber auch, dass sich Dini selbst wohl nicht so im Klaren ist, wo die Reise hingehen soll. Hush stellt die Batman-Familie vor vollendete Tatsachen und präsentiert sich als Bruce Wayne in einer Weise, in der es kein zurück mehr gibt. Dick lenkt ein und lässt ihn gewähren, ohne dass ein innerer Konflikt sichtbar wird. Dick entscheidet sich offenbar ohne die Befürchtung, dass Hush den Ruf von Bruce Wayne auf’s Spiel setzt. Merkwürdig.

Batman and Robin: Batman Reborn

Master Bruce was always proud of you, Sir.

Grant Morrison/Frank Quitely, Alex Sinclair, 2009– Grant Morrison bleibt der Serie noch erhalten. Nicht als Autor der Hauptserie, das ist vorerst Tony S. Daniel, sondern mit seiner unterhaltsamen Batman & Robin-Trilogie. Morrison schreibt zahlreiche gute Szenen für Dick und Damian, zwei Figuren, die unterschiedlicher nicht sein können. Dick fühlt sich der Rolle als neuer Batman nicht gewachsen, Damian hingegen strotzt als Robin vor Selbstvertrauen, bisweilen auch Überheblichkeit. Nach Damians Ansicht muss sich Dick erst seinen Respekt verdienen. Für ihn heißt das Duo nicht Batman & Robin, sondern Robin & Batman. Es macht großen Spaß, diese ungleichen Typen, die jedoch das gleiche Ziel verfolgen, durch die Geschichte zu begleiten. Später treffen Batman und Robin auf Red Hood. Mit Dick, Damian und Jason treffen drei Robins aufeinander, und Morrison versteht es, hieraus mit treffenden Dialogen eine interessante Dynamik zu ziehen. Es ist wie das Treffen dreier Brüder, die unter einem übermächtigen Vater aufgewachsen sind. Batman & Robin: Batman Reborn ist von beiden Illustratoren sehr gut gezeichnet. Lediglich der finale Kampf ist unübersichtlich. Erwähnenswert ist der hohe Einsatz von fünf bis sechs untereinander stehenden, aber horizontal über die ganze Breite ausgedehnten Panels. Batman & Robin: Batman Reborn ist nicht so verkopft wie die anderen Werke von Grant Morrison. Aber Morrison ist eine Welt für sich. Und so wundert es nicht, dass unter der Oberfläche zahlreiche Symbole und Bilder versteckt sind. Batman & Robin: Batman Reborn ist eine Geschichte über Masken.

Battle for the Cowl

Bruce Wayne is dead. But Batman didn’t need to be.

Tony S. Daniel, 2009– Tony S. Daniels Erstlingswerk als Autor ist nichts vom dem, was es hätte sein können – und sein müssen. Es ist einfach, die Kritik gegen Daniel zu richten. Die Kritik muss sich aber vor allem gegen DC richten, den Posten des Autors eines so entscheidenden Werks mit einem Neuling zu besetzen. Dabei ist der Einstieg recht gut: Nach dem Tod von Batman versinkt Gotham City im Chaos, was sowohl erzählerisch als auch zeichnerisch gut vermittelt wird. Die Bat-Familie zeigt sich gelähmt bis Tim es ausspricht: einer von ihnen muss der neue Batman sein. Dann geht es mit den Geschichten drunter und drüber und vieles passt einfach nicht ins Bild. Über einem emotions- und ambitionslosen Nightwing trumpft Jason groß auf, allerdings nicht als Red Hood, sondern in einem eigenen Batman-Kostüm und wie ein wahnsinniger Schurke. Von Winicks Figur ist da nicht viel übrig geblieben. Dann kämpft jeder gegen jeden und plötzlich ist Dick der neue Batman. Battle for the Cowl wirkt wie das typische Crossover-Stückwerk, wie einzelne Geschichten, die sich nicht harmonisch zusammenfügen. Es ist ein sehr ärgerliches, ja besorgniserregendes Buch vor dem Hintergrund, dass hier die Weichenstellung für die nächsten Jahre stattfindet und dabei über eklatante erzählerische Mängel verfügt.

Whatever Happened to the Caped Crusader?

The end of the story of Batman is, he’s dead.

Neil Gaiman/Andy Kubert, Scott Williams, 2009– Whatever Happened to the Caped Crusader? ist die letzte Batman-Geschichte. Sie handelt von der Totenwache für Batman. Der Tod ist das einzig mögliche Ende. Das Ende ist einfach und logisch. Es zementiert Batmans Status als Mythos, als Märtyrer, als Ikone. Batman muss sterben. Es geht nicht anders. Whatever Happened to the Caped Crusader? ist keine Elseworld-Geschichte, spielt aber dennoch außerhalb des Gothams wie wir es kennen. Und so erzählt jeder Besucher seine Geschichte, wie Batman gestorben ist. Verbindungen zum wirklichen Tod von Batman, also zu R.I.P. und Final Crisis existieren nicht. Aber alle Geschichten haben eine Gemeinsamkeit: Sie zeigen uns, wie Batman hätte sterben können. Die Zusammenkunft der Figuren ist für mich das Highlight des Bandes. Die Panels zeigen einen Raum voller Helden und Schurken und mir gefällt die Idee, dass sowohl Freunde wie auch Feinde die Totenwache besuchen und Batman ihre letzte Ehre erweisen. Der zweite Teil von Whatever Happened to the Caped Crusader? beschäftigt sich mit der Nahtoderfahrung von Batman. Batman stirbt, um wiedergeboren zu werden, um wieder zu sterben. Insoweit ist Whatever Happened to the Caped Crusader? vielleicht doch nicht allzu weit von Final Crisis entfernt, zumindest was das Thema Tod und Wiedergeburt betrifft.

Final Crisis

DIE FOR DARKSEID!

Grant Morrison/J. G. Jones, Marco Rudy, Carlos Pacheco, Doug Mahnke, 2008-2009– Crisis on Infinite Earths eliminierte das Konzept der Multiversen, Infinite Crisis brachte es zurück. Und Final Crisis stellt nun klar: Lasst es gefälligst so, wie es ist. Final Crisis ist Morrisons Metakommentar zur gesamten Comicindustrie. An den Multiversen sollte man nicht herumpfuschen. Sie besitzen ein Eigenleben, und zwar nirgendwo sonst als im kollektiven Bewusstsein der Leser. Final Crisis ist auch ein Buch, dass selbst den treuesten Morrison-Jüngern schlaflose Nächte bereiten kann. Es ist das umfangreichste DC-Ereignis, es ist gnadenlos zu allen, die sich nicht perfekt in der Geschichte auskennen, aber vor allem ist es komplexer als es hätte sein müssen. Morrison spannt seine hyperkomprimierte Erzählung von den Guardians of the Universe über OMAC bis zu den Neuen Göttern von Jack Kirbys Fourth World. Und irgendwo mittendrin, genauer gesagt in #6, sterben Batman und Darkseid. Batmans Tod in Final Crisis ist problematisch, weil er keine Verknüpfungen zu R.I.P. besitzt. Morrisons wirklich herausragende Vorbereitung seit Batman and Son und die Handlungsstränge um The Black Glove verlieren im Hinblick auf Batmans Tod durch Darkseid ihre Bedeutung. Der Tod selbst hatte kaum einen Effekt auf mich, die Gelegenheit für Pathos wurde nicht genutzt. Auch der Tod von Darkseid ist pures Deus ex machina. Ein weiteres Problem von Final Crisis ist sein holperiges Erzähltempo. Morrison ist kaum darin zu stoppen, fantastische Ideen in die Erzählung einzubringen. So faszinierend viele von ihnen sind, so negativ wirken sie sich jedoch auf den Leserhythmus aus. Ebenso holperig ist der Wechsel der Zeichner. J.G. Jones wird zum Ende durch Doug Mahnke ersetzt. Beide Zeichner leisten hervorragende Arbeit, aber der Bruch ist sichtbar. Am Ende bleibt viel von Final Crisis haften – nicht alles positiv.

Batman R.I.P.

What we are about to do will be a work of art.

Grant Morrison/Tony S. Daniel, 2008– Das Sterben von Batman. Alle Zahnräder greifen zusammen. Die Familie, deren Ruf zerstört wird. Robin, der Batman wegen Damian verlässt. Jezebel Jet, die in Bruce Zweifel schürt. Und Black Glove, die ihre stärkste Karte ausspielt. Batmans Verstand wurde manipuliert, und nun ist es an der Zeit, ihn auszuschalten. Und dann das: Batmans Verstand lässt sich ausschalten, doch nur um seinen Sicherheitsverstand zu aktivieren – Batman of Zur-En-Arrh. Ein Verstand hinter einem Verstand! Was Morrison hier auffährt, ist mehr als ein Trick. Es ist seine Interpretation von Batman. Morrisons Batman ist für jede Situation vorbereitet. Als Leser muss man dabei erkennen, dass man nicht alles über Batman weiß, sondern nur so viel, wie Black Glove über Batman weiß. Morrison hat ein herausforderndes Buch mit vielsagenden und gleichsam präzisen Texten und scharfen Charakterisierungen geschrieben, in dem jedes Panel eine Bedeutung besitzt, auch wenn sich diese Bedeutung erst viel später offenbart. Doch eines ist ihm nicht gelungen: Er konnte nicht erklären, warum The Black Glove so mächtig ist, was ein wenig an die Problematik mit Banes Motivation erinnert. Daniels Zeichnungen sind kraftvoll und zeigen Batman mit starkem Körpereinsatz und irren Blick, dazu große Sprechblasen, große Buchstaben. Dieser von Daniel gezeichnete Batman ist ein Teil des Bildes, das von Morrisons Batman bleiben wird. Großartig!

Heart of Hush

For Batman’s sake, I hope he remembers he has a human side.

Paul Dini/Dustin Nguyen, 2008-2009– Dini versteht die Figuren aus dem DC Universum, und in seinem Schreibstil merkt man, dass er viel Herzblut in diese legt. Er etabliert Thomas Elliot, dessen Geschichte in Hush nur stiefmütterlich behandelt wurde, zu einem der ganz großen Gegenspieler von Bruce Wayne. Der Hintergrund, dass sich Tommy und Bruce seit ihrer Kindheit kennen, wird in Heart of Hush prächtig ausgespielt und führt zu Auseinandersetzungen auf einer persönlichen Ebene. Heart of Hush ist zwar keine direkte Fortsetzung von Hush, thematisiert aber ebenso die Beziehung zwischen Batman und Catwoman. Nach Heart of Hush wird es hierzu kaum noch Fragen geben. Für ein Tie-in besitzt Heart of Hush eine mächtige Geschichte mit großen Kontinuitätsbausteinen, die sich nahtlos in die Serie einfügen. Heart of Hush spielt in der Nacht vor R.I.P. und enthält Andeutungen auf die zukünftigen Ereignisse in Dinis Streets of Gotham Trilogie. Leider hat es Dustin Nguyen verpasst, den neuen Morrison-Joker zu zeichnen, und auch insgesamt waren Nguyens Zeichnungen für meinen Geschmack zu harmlos. Schlecht sind die Zeichnungen deswegen nicht. Heart of Hush ist das, was man von Paul Dini erwartet – und deswegen lesenswert.

The Black Glove

We’re all going to die.

Grant Morrison/J.H. Williams III, Tony S. Daniel, Andy Kubert, Ryan Benjamin, 2007-2008– Batman und die Silver Age-Batmen of all Nations müssen einen Kriminalfall auf einer einsamen Insel lösen, der das möglicherweise am schönsten gezeichnete Kapitel in der Geschichte von Batman ist (Williams!), ein klassisches Murder Mystery mit scharfen Charakterisierungen und eine Hommage an das Silver Age. Doch Morrison hat mehr zu bieten als Nostalgie-Liebe. Die Erzählung ist mit der heutigen Kontinuität und den Ereignissen bis R.I.P. verknüpft. Der zweite Teil schließt unmittelbar an Batman and Son an und führt die Three Ghosts of Batman sowie den Antagonisten und Führer der Organisation Black Glove Doctor Hurt ein. Doctor Hurts Angriff auf Batman setzt an seinem Verstand, seiner größten Stärke an, und alles deutet darauf hin, dass sich Doctor Hurt genau diese Stärke zu eigen machen und Batman zu Fall bringen wird. Die Erzählung ist ein morrisonsches Schwergewicht ohne Expositionen und mit Sprüngen in Zeit und Wirklichkeit. Sie geben einen imposanten Einblick in Batmans Verstand und lassen den Leser zumindest beim erstmaligen Lesen oftmals ratlos zurück. Doch was bei Morrison vordergründig wirr und zusammenhangslos erscheint, offenbart sich bei einer tiefergehenden Analyse als extrem komplex und weitsichtig. Mehrmaliges Lesen mit Morrisons Œuvre ist Pflicht.

The Resurrection of Ra’s Al Ghul

You are jeopardizing your family.

Grant Morrison, Peter Milligan, Fabian Nicieza, Paul Dini/Tony S. Daniel, Freddie E. Williams II, Don Kramer, Ryan Benjamin, 2007-2008– Familiengeschichten. Die Batman-Familie, die Al Ghul-Familie, und zwischen diesen beiden Familien gibt es ja auch Verbindungen. Doch die Namen der Autoren, zumindest Grant Morrison und Paul Dini, versprechen mehr als die Geschichten halten. Dem gesamten Band mangelt es an erzählerischer Tiefe und einer wie auch immer gearteten Charakterzeichnung. Morrison gelingt es, dem alten Charakter von Ra’s Al Ghul frische Aspekte und eine wirklich irre Motivation zu geben. Doch als Ra’s von den Toten zurückkehrt, scheint dies niemanden in diesem Band zu überraschen. Batman geht dem Ereignis nach und wie es die Umstände wollen, kämpfen Ra’s und Batman zusammen gegen ihre Feinde. Dieser Zusammenschluss der respektablen Gegner hätte vorzüglich dazu dienen können, deren Beziehung weiter zu beleuchten. Aber stattdessen, nun ja, kämpfen Ra’s und Batman zusammen gegen ihre Feinde. Später wird Robin in Versuchung geführt, seine Eltern in der Lazarus Grube wiederzubeleben. Macht durch die Funktionsweise der Lazarus Grube allerdings keinen Sinn. Und kein Leser glaubt, dass Robin dies tatsächlich tun wird. The Resurrection of Ra’s Al Ghul wird man nicht verärgert in die Ecke pfeffern, aber erstklassig ist dieses Buch gewiss nicht.

Batman and Son

I won’t fail you, father.

Grant Morrison/Andy Kubert, 2006– Batman and Son ist der Auftakt der Reihe, die zunächst in R.I.P. münden wird und das Ende des Modern Age einleitet, doch noch weit darüber hinaus geht. Batman and Son ist auch der Beginn der Ära Morrison, die das Batman-Universum für immer prägen wird. Grant Morrison wird in den weiteren Jahren nicht mehrere Geschichten schreiben. Er wird eine epische, viele Bücher umfassende Geschichte schreiben. Und diese Geschichte liebt man oder hasst man – ich tue Ersteres. Es sind stets Erzählungen auf mehreren Ebenen, die Stoff für philosophische Diskurse bieten. Er versteht es, mehrgleisig zu fahren und bringt genug Informationen mit, um den Weg zu R.I.P. einzuläuten. Doch in der Retrospektive wird man feststellen, dass Morrison nicht nur R.I.P. einläutet. Er erstellt das Gebäude für die kommenden sieben Jahre. Gleichzeitig gelingt es ihm, die Geschichte von Batman und seinem Sohn Damian mit der Aufmerksamkeit zu erzählen, die sie verdient. Die Geschichten sind frei von Pathos und nehmen die behandelten Themen ernst. Charakterisierungen kommen nicht zu kurz und trotz der oberflächlichen Kälte und Reserviertheit ist stets der Eindruck präsent, dass Batman um die Familie bemüht ist und sich um sie kümmert. Oder es versucht, denn das plötzliche Auftauchen von Damian geht weder an Bruce noch an Tim spurlos vorbei. Das Zerbrechen der Familie und der Kontrollverlust sind Batmans größten Ängste, und Morrison spielt diese Themen meisterhaft aus. Auch Andy Kuberts Zeichnungen sollten nicht unerwähnt bleiben. Einer der besten Zeichner präsentiert hier sein ganzes Können.

Gotham Central: Corrigan

Survival of the fittest.

Ed Brubaker, Greg Rucka/Kano, Stefano Gaudiano, Steve Lieber, 2005-2006– Der letzte Band der Serie schöpft noch einmal aus dem Vollen. Er gibt interessante Einblicke darüber, wie wenig die Polizei über Batman und seine Familie weiß. Es gibt viele Theorien, aber keine Fakten. In Corrigan wird ferner die dreckige Seite des GCPD präsentiert, die Schutzgelder eintreibt, Geschäfte macht und selbst nur Kriminalität in Uniform ist. Die ersten Bände wurden durch hart arbeitende, ehrliche Polizisten geprägt. Jetzt, so scheint es, ist das GCPD die korrupteste Organisation weit und breit. Selbst Kollegen werden aus dem Weg geräumt, um die eigenen Interessen zu fördern. Der Ton ist düster bis deprimierend, die Texte großartig, die Dialoge lebendig und natürlich. Das Stilmittel der Parallelerzählung wird verwendet, die sogar als solche visualisiert wird: die Panels der Erzählungen verlaufen einfach nebeneinander. Zeichner Lark wurde von Kano und Gaudiano abgelöst, die den grundsätzlichen Stil, leicht noiresk, fortsetzen. Corrigan beendet die großartige Serie mit Emotion und Paukenschlag. Von nun an wird man die Atmosphäre, die Gotham Central gesetzt hat, in allen Geschichten mit Polizeibeteiligung innerlich wieder aufgreifen.

Under the Red Hood

Bruce, I forgive you for not saving me.

Judd Winick, Jim Starlin/Doug Mahnke, Matt Wagner, Paul Lee, Julianne Aparo, 2005-2006– Jasons Rückkehr. Das weiß der Leser schon vorher, und deswegen tun Winick und Starlin gut daran, nicht die Enthüllung von Red Hoods Identität in den Fokus zu rücken, sondern wie die Figuren damit umgehen. Und das ist außerordentlich gut gelungen. Nachdem Batman Red Hoods Verhalten beobachtet hat, verspürt er eine Unruhe, die sich buchstäblich auf den Leser überträgt. Er fühlt, dass die Vergangenheit ihn einholt. Batman weiß schnell, dass Jason zurück ist. Aber er spricht es nicht aus, er will es nicht wahr haben. Bis zur ausdrücklichen Enthüllung der Identität werden nur wenige Andeutungen gemacht, die offensichtlichste ist wohl ein Kampf mit dem Joker, der durch eine schnelle Abfolge von Schlägen mit einer Brechstange gekennzeichnet ist. Batman wird in diesem Band relativ alt porträtiert. Es erfolgt durch Mimik und Gestik und Gedanken an die Vergangenheit, an Jason und an Dick. Es gibt Szenen, in denen sich Batman regelrecht in Nostalgie verliert. Batman will nicht gegen Jason kämpfen. Er will ihm helfen, aber stößt auf Granit. Der Konflikt zwischen Batman und Jason handelt nicht davon, dass Batman ihn nicht vor dem Joker gerettet hat, sondern dass Batman den Joker im Anschluss nicht getötet hat. Hier liegt die Wurzel des Übels. Under the Red Hood ist unterhaltsam und filmreif. Während des Lesens merkt man kaum, wie unzufriedenstellend der gesamte Komplex von Jasons Rückkehr eigentlich ist.

Gotham Central: On the Freak Beat

Which came first? The Batman or the freaks?

Ed Brubaker, Greg Rucka/Michael Lark, Stefano Gaudiano, Jason Alexander, 2004-2005– Batman macht sich nicht nur Freunde. Auch nicht bei der Polizei von Gotham City. Brubaker und Rucka zeigen uns einen völlig anderen Blickwinkel auf den Dunklen Ritter. Batmans Begegnungen mit der Polizei sind selten, viel seltener, als es uns andere Titel glauben machen. Meist brüllt Batman den Polizisten nur schroffe Anweisungen entgegen. Im Regelfall kommt es jedoch gar nicht zur Begegnung, sondern die Polizei wischt nur hinter ihm her. Jetzt sind die Polizisten des GCPD gefordert, Stellung zu beziehen. Und die fällt nicht positiv aus – wer kann es ihnen verübeln. Das dient einerseits natürlich dazu, um das Verhältnis der Personen zu Batman, andererseits aber auch um das Verhältnis der Personen untereinander weiter zu erforschen. Der dritte Band der Gotham Central-Serie hat darüber hinaus aber wenig zu erzählen und weicht gar auf einen Ausflug nach Keystone City aus (wobei es immer schön ist, wenn die Welt von DC auch wie eine behandelt wird).

Gotham Central: Jokers and Madmen

This case owns me.

Ed Brubaker, Greg Rucka/Michael Lark, Stefano Gaudiano, Brian Hurtt, Greg Scott, 2003-2004– Der zweite Band bringt noch mehr Menschlichkeit ins GCPD und vertieft die Beziehungen untereinander. Brubaker und Rucka gelingt es hervorragend, trotz der großen Anzahl an Figuren jeder einen eigenen, substanzvollen Charakter zu verpassen. Zwar hatte ich einmal das Problem, mit den ganzen Figuren und deren Beziehungen mitzuhalten, aber das lässt sich mit der gehörigen Aufmerksamkeit auch vermeiden. Batman spielt hier eine noch geringere Rolle. Dafür lernt man die Mechanismen bei der Polizei kennen und wie eine effektive Arbeit langsam in den Zahnrädern der Politik zermahlen wird. Die Erzählung ist teilweise niederschmetternd. Manchmal kann die Polizei nicht mehr machen als auf Batman zu warten, während Polizisten und Bürger sterben. In diesem Band bekommt es das GCPD auch mit Superschurken zu tun. Mit Mad Hatter, der dankenswerter Weise nicht nur als irrer Bösewicht dargestellt wird, sondern als kranker Mensch, und mit dem Joker, der stilecht geschrieben, aber für meinen Geschmack nicht zufriedenstellend gezeichnet ist.

Broken City

I don’t fight fair. I fight by the rules.

Brian Azzarello/Eduardo Risso, 2003-2004– 100 Bullets Autor Brian Azzarello macht bereits auf der ersten Seite deutlich, dass Broken City ein hardboiled Neo-Noir erster Gattung ist. Wenn Batman zu Croc sagt, dass er nicht nur einen Anwalt brauche, sondern auch einen Zahnarzt und daraufhin sein Gebiss zertrümmert, ist der Ton der Geschichte gesetzt. Wir befinden uns mitten im Noir. Es geht um Liebe, Mutter, Vater, Kind und Mord. Die Sprache in Broken City ist hart, kalt, schnell. Batmans innere Monologe treffen wie Fausthiebe, die Dialoge sind Schlagabtausche. Und eins ist klar: keine Figur besitzt viel Mitgefühl. Azzarello ist verdammt konsequent, wenn es um das Genre geht. Es steht gar nicht so sehr der von Batman untersuchte Mordfall im Vordergrund. Er ist im Vergleich zu anderen Fällen lächerlich unbedeutend, ein einzelner Mord an einer Frau, das Überleben von Gotham hängt nicht davon ab. Im Vordergrund stehen die Figuren, allen voran Batman, wie sie auf die sich ihnen stellenden Situationen reagieren, immer mit Blick darauf, was die Stadt aus ihnen gemacht hat. Die Stimmung ist pessimistisch, die Atmosphäre finster. Erzählung und Zeichnung haben sich dem vollends verschrieben. Rissos Bilder zeigen Dunkelheit, Regen und enge Gassen, über denen Batman thront. Die Farbe des Papiers nicht weiß, sondern schwarz. Patricia Mulvihills Kolorierung trennt die einzelne Abschnitte der Geschichte durch Rot-, Blau- und Grünpaletten. Grandios.

Superman/Batman: Public Enemies

Do us both a favor, Bruce. Buy a sense of humor.

Jeph Loeb/Ed McGuinness, 2003-2004– Die Geschichte wird zum großen Teil als Parallelerzählung vorgetragen, die sich bei dem Aufeinandertreffen der zwei wohl unterschiedlichsten Helden im DC Universum als effektive, wenn nicht perfekte Wahl entpuppt. Auf jeder Seite wird deutlich, dass Superman und Batman nicht unterschiedlicher sein könnten. Superman ist das Licht, Batman der Schatten. Die Erzählung wechselt von Optimismus zu Pessimismus, die Zeichnungen von hell zu dunkel. Die zahlreichen inneren Monologe sagen viel über die eigene Figur und das Verhältnis zu seinem Gegenstück aus. Durch den Wechsel der Erzählperspektiven formen sich diese Monologe zu einer Art Dialog. Trotz der fundamentalen Differenzen, der vielen Reibungspunkte und oftmals scheinbar ablehnenden Haltung gegeneinander zeigt die Geschichte aber auch, dass sich beide Figuren mit hohem Respekt begegnen. Das macht den Reiz dieser Paarung aus und wird in Public Enemies wirklich hervorragend erzählt. Im Buch ist fast das gesamte DC Universum unterwegs, sämtliche Superhelden, die unterschiedliche Positionen einnehmen. Dennoch überfordert es nicht Gelegenheitsleser. Lediglich das Auftreten der Neuen Götter könnte verwirrend sein. McGuinness’ Zeichnungen sind erstklassig und alle Figuren stilecht. Das ist hoch anzuerkennen.

Gotham Central: In the Line of Duty

We need to bring this freak down on our own.

Ed Brubaker, Greg Rucka/Michael Lark, 2003– Gotham Central gehört zu den besten Serien, die das Batman-Universum jemals hervorgebracht hat. Es handelt sich durch und durch um Polizei- und vor allem menschliche Dramen. Es sind konsequente, harte, ehrliche Geschichten. Das GCPD wurde erzählerisch bisher nur stiefmütterlich behandelt, und Gotham Central ändert dies grundlegend. Man lernt die Polizeibeamten kennen und zu verstehen und erfährt viel über deren Verhältnis untereinander und zu Batman. Reibereien zwischen den Einheiten stehen an der Tagesordnung und Batman, im Grunde kein Teil der Geschichte, ist stets überpräsent. Er schwebt über der Stadt – oder zwischen den Zeilen -, und dem GCPD ist dies mehr als bewusst. Im rauen Ton der Erzählungen schwingt immer ein wenig Noir mit, und einem wird klar, dass die Figuren nie eine Chance haben. Worauf die Serie abzielt wird am deutlichsten in Half A Life, einer Geschichte, die sich ausschließlich der Arbeit und dem Privatleben von Renee Montoya, ihrem Outing als Homosexuelle und den Konsequenzen widmet. Batman spielt hier keine Rolle. Die Zeichnungen von Michael Lark passen zum Erzählstil. Sie sind ebenso rau und verfügen über starke Schattierungen, die der Annäherung zum Noir förderlich sind.

Hush

We’ve done this dance for a long time.

Jeph Loeb/Jim Lee, 2002-2003– Hush, der Mega-Blockbuster der Batman-Serie. Blockbuster warten mit großen Schauwerten auf, neigen aber dazu, in manchen Details etwas nachlässig zu sein. Man kann Hush guten Grundes vorwerfen, keine gute Kriminalgeschichte zu sein. Doch wenn man Hush richtig liest, erkennt man den Plot um Identitäten und Verhaltensmuster. Die größte Waffe von Batman ist sein Verstand. Er ist in der Lage, seine Gegner einzuschätzen und sie vorherzusehen. Hush setzt an dieser Strategie an und führt sie ad absurdum. Hush manipuliert die Figuren im Batman-Universum so, dass sie nicht mehr in das bekannte Muster passen. Und dies nutzt Loeb auch, um die Beziehung zwischen Batman und Catwoman weiter zu beleuchten. Tatsächlich wurde die Beziehung selten so intensiv dargestellt wie hier. In Hush ist alles larger than life. Superschurken, Metropolis, Superman, Catwoman, die gesamte Batman-Familie, Anspielungen auf die Rückkehr von Jason Todd, die Etablierung einer neuen Figur und eines neuen Gegenspielers: Thomas Elliot. Sogar Präsident Lex Luthor hat seinen Auftritt und vielleicht ist alles etwas zu viel des Guten, aber so ist es eben in Blockbustern. Es sind die Loeb-Momente, die Hush trotz (oder neben, wie man es sieht) den Schauwerten zum gelungenen Buch machen. In all den großen Szenen finden sich stets interessante Momente der Figurenzeichnung. Lees Illustrationen stehen den Ansprüchen an das Großwerk in nichts nach. Um es ganz einfach auszudrücken: awe-some! Die Panels besitzen Dynamik und Kraft und sind teilweise voller Klischees, aber meine Güte, Klischees passen einfach gut.

Bruce Wayne: Fugitive

Sometimes, to move forward, you have to go back to the beginning.

Chuck Dixon, Ed Brubaker, Greg Rucka, Kelley Puckett, Devin Grayson, Dennis O’Neil, Geoff Johns/Dave Ross, Sean Phillips, Scott McDaniel, Steve Lieber, Damion Scott, Roger Robinson, Sergio Cariello, Rick Burchett, 2002– Da wünscht man sich erst eine Reduzierung, und dann das! Batman wird daran erinnert, woher er kommt. Diese Initiierung des Gedankens, Bruce Wayne zu benötigen, finde ich ganz schneidig. Doch Batmans Läuterung geschieht wie vom Blitz getroffen. Plötzlich fällt ihm ein, sich falsch verhalten zu haben. Sein voriges Verhalten wirft er über Bord. Falsch verhalten hat er sich wohlgemerkt nur sich gegenüber, kaum gegenüber anderen. Und so löst Batman auch diese Angelegenheit im Alleingang. Fugitive bricht dabei mit dem – zwar nicht gutem – Tempo, das Murderer? vorgegeben hat. Hieraus entsteht das Bild eines wankelmütigen Charakters, das Batman nicht gerecht wird. Auch die Auflösung wirkt sehr bemüht und ist darüber hinaus antiklimatisch. Der Band kommt hier in die Verlegenheit, gar mit zwei Annexen zu enden. Einzelne Erzählungen können sich trotz allem sehen lassen, doch das Tempo und die Struktur bringen letztlich alles ins Straucheln.

Bruce Wayne: Murderer?

His life is a story of tragedies.

Greg Rucka, Kelley Puckett, Chuck Dixon, Devin Grayson, Ed Brubaker/Rick Burchett, Scott McDaniel, Damion Scott, Trevor McCarthy, Roger Robinson, Rick Leonardi, Pete Woods, Steve Lieber, Phil Noto, Leonardo Manco, William Rosado, 2002– Die Autoren bestätigen ein viel diskutiertes Motiv: Batman entledigt sich seiner Maske Bruce Wayne. Sein Alleingang wird auf die Spitze getrieben. Nachdem Batman gegenüber der JLA noch halbwegs kommunikativ war, umgibt ihn nunmehr eine undurchdringliche Mauer, die niemanden an ihn heranlässt. Diese Mauer ist es auch, an der die Familie beinahe zerbricht. Die von Brubaker geschriebene Konfrontation zwischen Batman und Nightwing ist ein Highlight in der Geschichte der beiden Figuren. Rucka gelingt eine gute Charakterisierung von Sasha Bordeaux. Ihr Kampf zwischen Loyalität, Zuneigung und Zweifel wird dem Leser spürbar gemacht. Die Autoren präsentieren diesbezüglich ein gutes Familiendrama, in dem sich die Figuren mit unangenehmen Tatsachen auseinander setzen müssen. Und Batman wird endgültig zum Antagonisten, dem jegliche Sympathien abgesprochen werden. Das glücklicherweise nur durch fünf Autoren zusammengesetzte Crossover verknüpft seine Geschichten nahtlos und bietet einen glatten Lesefluss. Doch das Tempo ist stockend. Zahlreiche Erzählungen bringen das Hauptthema nicht voran. Eine reduzierte und ausschließlich auf das Hauptthema fokussierte Erzählung hätte dem gesamten Band gut getan und diesen um die Hälfte reduziert. So bleibt leider ein negativer Nachklang.

JLA: Tower of Babel

How much of a control freak is he?

Mark Waid/Howard Porter, 2000– Der Autorenwechsel von Grant Morrison zu Mark Waid funktioniert nahtlos. Waid knüpft an Morrisons Charakterisierung von Batman an und stellt diesen als einen Einzelgänger dar, der sich selbst nicht als Mitglied der JLA sieht. Darüber hinaus greift Waid das ewige Thema auf, dass selbst Verbündete vor Batman nicht sicher sind. Batmans Pläne zur Ausschaltung sämtlicher Mitglieder der JLA scheinen auf den ersten Blick trick- und einfallsreich zu sein, stellen sich bei genauerer Betrachtung aber als absolut rational, logisch und vor allem nicht tödlich dar. Sie passen somit perfekt zu Batmans Charakter. Mit der Frage, was passiert, wenn nützliche Informationen in falsche Hände geraten, gepaart mit Batmans Unfähigkeit als Teamplayer, führt dies zur Katastrophe und zum Ausschluss von Batman aus der Justice League. Ein Highlight ist die finale Abstimmung unter dessen Mitgliedern, das Für und Wider eines Ausschlusses und die die jeweiligen Positionen unterstützenden Argumente. Waid hat alle Figuren charaktertreu geschrieben. Ihre Positionen sind nachvollziehbar und glaubhaft, ihre Entscheidungen wirken nicht willkürlich, sondern organisch aus der Geschichte und dem Charakter heraus. Tower of Babel ist eines der besten Bücher dieser Ära. Es legt hervorragend dar, welche Konsequenzen Batmans Arroganz und sein Ego haben können und rückt ein wenig Batmans Stand im DC Universum und im Ansehen der Leser zurecht.

Arkham Asylum: Living Hell

Arkham? What’s Arkham?

Dan Slott/Ryan Sook, 2003– Die Geschichte befasst sich mit den Figuren des Arkham Asylum. Batman bleibt nur eine Randfigur mit einem kurzen, aber umso erinnerungswürdigeren Auftritt. Anders als im späteren Arkham Reborn ist die Anstalt keine Figur. Es ist nicht die Figur Arkham Asylum, die die Menschen zerstört, sondern es sind die Insassen selbst, die sich das Leben zur Hölle machen. Durch das Verhalten und die Taten der Insassen wird schließlich der psychisch gesunde Protagonist zum Wahnsinnigen. Neben dem Protagonisten Warren White schöpfen Slott und Sook die Antagonisten Jane Doe und Humpty Dumpty. Daneben erzählt Slott die Geschichte um Aaron Cash, einer wiederkehrenden Figur im Asylum. Es wird deutlich, dass das Personal kaum Privatleben besitzt und stets durch die Geschehnisse im Asylum gefordert wird. Sie sind damit beschäftigt, das Chaos zu bändigen, doch schaffen werden sie es nie. Insgesamt ist die Geschichte nicht sonderlich spannend, actionreich oder gruselig, aber man möchte auf jeden Fall weiterlesen. Dan Slott ist es gelungen, den Leser durch interessante Figuren an das Buch zu fesseln. Ryan Sooks Zeichnungen und Lee Loughridges Kolorierungen sind dem Thema entsprechend dunkel gestaltet. Es gibt keine hellen und freundlichen Farben, und es werden harte Striche verwendet. Die Anordnung der Panels ist sehr gradlinig. Das mag ich.

No Man’s Land Volume 4

Ready to rebuild Gotham?

Devin Grayson, Greg Rucka, Dennis O’Neil, John Ostander, Chuck Dixon, Jordan B. Gorfinkel/Dale Eaglesham, Damion Scott, Rick Burchett, Roger Robinson, Jim Balent, Paul C. Ryan, Scott McDaniel, Greg Land, Sergio Cariello, N. Steven Harris, Pablo Raimondi, 1999-2000– Der letzte Teil von No Man’s Land hat starke Momente, bietet aber einen unzufriedenstellenden Abschluss eines enttäuschenden Crossover-Events. In guter NML-Tradition beginnt der Band vielversprechend, was insbesondere auf den Beziehungen der Figuren beruht. Batman greift zu drastischen Maßnahmen, um das zerstörte Verhältnis zu Commissioner Gordon wieder herzustellen und bietet an, die Maske zu lüften. Das Dreiecksverhältnis Nightwing, Oracle, Huntress wird thematisiert und auch das Verhältnis Batman, Huntress bekommt seinen Raum (aus NML #0 und somit in Vol. 4 völlig fehl am Platz). Alle Geschichten bringen dem Leser die Figuren und ihre Beziehungen näher. Und genau diese Geschichten sind es, die mich interessieren. Batman tritt eher selten ins Rampenlicht, sondern lenkt das Geschehen aus dem Hintergrund. Der letzte Band verdeutlicht seine unangefochtene Position als Familienoberhaupt. Doch die erzählerische Stärke zieht sich nicht durch den kompletten Band und zerfällt am Ende. Der Abschluss von NML ist überstützt und endet mit dem Tod einer nicht unbedeutenden Person. Das Ende ist nicht nur schlecht erzählt, sondern auch gänzlich unpassend gezeichnet, so dass es seine innewohnende Wirkung nicht entfaltet. Die störenden unterschiedlichen Zeichenstile gehören mittlerweile zur Serie.

JLA: World War III

This is why we formed the Justice League.

Grant Morrison/Howard Porter, 1999-2000– Der Abschluss von Morrisons JLA-Reihe funktioniert als Meta-Erzählung besser als eine Ebene darunter. Auf der niederen Ebene wird die Erzählung ihrem Titel nicht gerecht. Die gesamte Erde ist im Krieg, Staat gegen Staat, Mensch gegen Mensch. Doch die Auswirkungen werden lediglich am Rand gestreift. Morrison interessiert eine andere Idee: für ihn sind Superhelden der nächste Schritt in der Evolution des Menschen. Die Neuen Götter sind die Vaterfiguren der Superhelden und die Superhelden die Inspiration für die Menschen. Durch ihre Inspiration werden die Menschen wachsen und aufsteigen, bald werden alle sein wie Superman. Die Superhelden geben den Menschen am Ende der Geschichte einen Einblick in das, was kommen wird. Morrison zeichnet hier ein zutiefst optimistisches Szenario, in dem große Macht zum Guten eingesetzt wird und den Inhaber nicht korrumpiert. Dementsprechend funktioniert auch Antagonist Mageddon mehr als Thema denn als Bösewicht. Mageddon bekämpft aufsteigende Welten oder einfacher: den Fortschritt, die Evolution. Am Ende wird er verlieren. Und 10 Jahre vor seinem Großkommentar streift Morrison das Medium selbst: Laut Batman wird die JLA siegen, solange die Menschheit an sie glaubt. Das heißt nichts anderes, als dass es die JLA geben wird, solange wir die Comics kaufen. Durch die Themen und die große Besetzung ist World War III fortgeschrittenen Lesern zu empfehlen. Die Zeichnungen kranken an demselben Symptomen wie die gesamte Serie. Sie sind größtenteils erzählungs- und atmosphärelos, was die Figuren angeht aber in Ordnung.

No Man’s Land Volume 3

Gotham died a while back, and it’s gone forever.

Ian Edginton, Janet Harvey, Larry Hama, Chuck Dixon, Dennis O’Neil, Bronwyn Carlton Taggart, Steven Barnes, Devin Grayson, Alisa Kwitney/Jason Minor, Sergio Cariello, Mike Deodato Jr., Staz Johnson, Gordon Purcell, Roger Robinson, Paul Gulacy, Tom M. Morgan, Paul C. Ryan, Mat Broome, Rafael Kayanan, Dale Eaglesham, Michael Zulli, 1999-2000– Trotz des Zitats ist der dritte Band Hoffnung. Mit den vorigen Bänden teilt er die Gemeinsamkeit, dass die Geschichten ins Nirgendwo laufen. Es wird immer offensichtlicher, dass sich niemand um das Gesamtbild schert. Zu viele Autoren, zu viele Zeichner, zu viel Stückwerk. Zu den Vorgängern gibt es aber einen Unterschied: manche Geschichten sind tatsächlich unterhaltsam. Der Gipfel der Unterhaltsamkeit ist Jokers Versuch, zum Präsidenten von No Man’s Land gewählt zu werden. Das ist absurd komisch und beinhaltet den ersten Auftritt von Harley Quinn außerhalb von Batman: The Animated Series und damit verwandten Publikationen. Das bringt NML zwar kein Stück voran, aber ein wenig Unterhaltung kann nach den ersten Bänden nicht schaden. Batgirl zeigt eine erfreuliche Entwicklung, Robin kann einen Triumph verbuchen, und zum Wohle der Stadt geht Batman Allianzen mit Gegnern ein. Selbst Superman lässt sich blicken, um sich über den Zustand von Gotham und Bruce zu informieren. So sehr dies auch ein Fremdkörper im bisherigen Verlauf von NML ist, die Geschichte ist gut geschrieben und noch besser gezeichnet. Da Teil 3 unterhaltsam ist, könnte Teil 4 diese Eigenschaft doch übernehmen und endlich auch eine gute Erzählung hinzufügen.

No Man’s Land Volume 2

I need your help.

Bob Gale, Greg Rucka, Ian Edginston, Lisa Klink, Dennis O’Neil/Chris Renaud, Jason Pearson, Guy Davis, Mike Deodato Jr., Phil Winslade, 1999– Der zweite Band beginnt stark und schildert die momentanen Verhältnisse in Gotham City. Die Stadt ist in zahlreiche Gebiete aufgeteilt, die von Gangs beherrscht werden. Die Zustände ähneln denjenigen eines Bürgerkriegs. Doch kurz darauf fällt der zweite Band in dasselbe Dilemma des ersten. Die einzelnen Kapitel ergeben keinen glatten Lesefluss. Sie wirken wie einander angehängte, abgeschlossene Geschichten. Nightwing und Robin schließen sich zusammen und haben einige gute Momente. Deren Zusammenspiel beschränkt sich aber darauf, Kriminelle zu bekämpfen. Sie tun es, und Ende. Nur in der Gesamtschau lässt sich feststellen, dass Batman und seine Verbündeten in kleinen Schritten Ordnung in das Chaos bringen. Insoweit verfügt auch der zweite Band über eine gemeinsame Idee, die sich jedoch erst durch den zweifelhaften Genuss zahlreicher mittelprächtiger (ach, nennen wir es doch beim Namen: zahlreicher miserabler!) Geschichten offenbart. Alle Autorenteams fügen ihre kleinen Häppchen bei, scheinbar ohne zu wissen, wohin die Reise gehen soll. Wie auch der erste Band kommt der zweite Band ohne wesentliche Konflikte aus. Den Figuren stellt sich ein Problem, sie lösen es, fertig. Genau so konfliktfrei wird Cassandra Cain eingeführt, das neue Batgirl.

No Man’s Land Volume 1

As long as there are people in Gotham, there’ll be a bat.

Bob Gale, Dennis O’Neil, Devin Grayson, Ian Edginton, Greg Rucka, Scott Beatty, Lisa Klink, Kelley Puckett/Alex Maleev, Roger Robinson, Dale Eaglesham, D’Israeli, Frank Teran, Jason Pearson, Damion Scott, Chris Renaud, Guy Davis, Jon Bogdanove, Phil Winslade, 1999– Die KnightSaga machte den Anfang, aber möglicherweise geht es noch größer. Und größer bedeutet hier: mehr Autoren, mehr Zeichner. Doch genau da liegt der Hund begraben. In der Gesamtschau vermittelt NML lediglich eine Idee, ja, auch ein Thema, aber es wird äußerst schwach ausgefüllt. In der zerstörten und abgeriegelten Stadt fallen die Menschen auf ihre Instinkte zurück, sie werden zu Jägern und Sammlern. Gewohnheiten sind Schall und Rauch, Anpassung und Improvisation sind die Devise. Gale und Rucka setzen erzählerisch einige Glanzlichter und machen die Situation in Gotham für den Leser erfahrbar. Doch leider fehlt es den Geschichten an einer einheitlichen Linie. Von einer zur anderen Geschichte fühlt sich Gotham City niemals gleich an. Zahlreiche Geschichten enden im Nirgendwo und tragen nicht zu einem großen Ganzen bei. Gerade Azraels Geschichten wirken bemüht und nehmen zu viel Raum in NML ein. Batman und Azrael unterstützen die verbliebenen Bewohner, z.B. in der Einrichtung der Wasserversorgung. Das ist ein edles Anliegen, für den Leser aber nur mäßig interessant. Die Umstände nach dem Erdbeben hätten Batman und Azrael in Situationen bringen können, in denen sie moralisch schwerwiegende Entscheidungen hätten treffen können. Hier steckt viel verschenktes Potential. Die Zeichenstile sind sehr unterschiedlich und tragen auch nicht dazu bei, NML als einheitliches Werk betrachten zu können.

Cataclysm

Things will never be the same again.

Chuck Dixon, Alan Grant, Doug Moench, Dennis O’Neil, Devin Grayson, Chris Renaud, Rick Burchett, Klaus Janson, Kelley Puckett/Jim Aparo, Flint Henry, Mark Buckingham, Scott McDaniel, Klaus Janson, Roger Robinson, Graham Nolan, Jim Balent, Staz Johnson, Marcos Martin, Chris Renaud, Alex Maleev, Rick Burchett, Eduardo Barreto, Dave Taylor, 1998– Cataclysm hält sich mit keinem Vorspiel auf. Das Erdbeben der Stärke 7,6 schlägt sofort zu und trifft Gotham und seine Bewohner unvorbereitet. Die einzelnen Kapitel mit ihren wechselnden Protagonisten vermitteln die Zerstörung textlich und bildlich sehr gut. Für eine bessere Orientierung zwischen Kapiteln und Protagonisten verwenden die Autoren die Angabe von Uhrzeiten. Eine derartige Katastrophe holt das Beste aus allen heraus. Die einzelnen Geschichten beschäftigen sich im Wesentlichen damit, dass Menschen gerettet werden. Batman hat kurze Momente des Zweifels, ruft sich aber in Erinnerung, dass auch ein einzelner Mensch Großes bewirken kann. Auch die anderen Figuren werden von Sorgen geplagt, wobei jede Figur in ihrem eigenen Sorgen-Schema steckt. Sowieso liest sich der Band erstaunlich flüssig und konsistent, was angesichts der Vielzahl an Autoren nun überhaupt nicht zu erwarten war. Als geringes Problem stellt sich allerdings heraus, dass die Superhelden keinen leibhaftigen Gegenspieler haben, wobei das Problem durch den von Dixon geschaffenen Quakemaster weiter gemildert wird. Die Spannungskurve sinkt nach dem Ausbrechen des Bebens dennoch kontinuierlich, der Klimax des gesamten Bandes ist schon auf den ersten Seiten zu finden.

Red Hood: The Lost Days

I’ve unleashed a curse upon this world.

Judd Winick/Pablo Raimondi, Cliff Richards, Jeremy Haun, 2010-2011– Die Geschichte von Jasons Wiedergeburt bis zu seiner Rückkehr nach Gotham City habe ich hier in die Chronologie hineingemogelt, da er an dieser Stelle nach Gotham zurückkehrt. Jasons Groll und Wut auf Batman ist auf jeder Seite zu spüren. Und auch wenn wir diese Emotionen nicht mit Jason teilen, so macht Winick sie uns zumindest verständlich. Zutiefst tragisch ist der Moment, in dem Jason von Tim als neuen Robin erfährt. Daneben erhalten Ra’s Al Ghul und Talia viel Raum. Durch das Auftauchen von Jason wird deren Beziehung zu Batman nochmals beleuchtet. Es geht um einen Dreieckskonflikt, um Rache, Respekt und einiges mehr. Leider erfährt man in The Lost Days nicht, warum Jason die Figur Red Hood wählt. Die Verknüpfung zum Joker ist offensichtlich, die Motivation von Jason bleibt jedoch gänzlich verborgen. Völlig misslungen ist auch die Darstellung der Beziehung zwischen Jason und Talia. Die im Verlauf des Buchs die Oberhand übernehmende sexuelle Spannung macht überhaupt keinen Sinn. The Lost Days hält dem Leser letztendlich wesentliche Motivationen der Figur vor und ist trotz der gelungenen emotionalen Momente so unzufriedenstellend wie der Tod und die Wiedergeburt von Jason selbst.

JLA: New World Order

What can a pathetic, fragile creature like Batman do to us?

Grant Morrison/Howard Porter, 1997– Wer braucht die Justice League? Grant Morrison hält sich nicht mit den Expositionen der Figuren auf. Die Justice League ist bereits formiert oder: vielmehr am Ende. Neue Helden bringen Schwung in die Welt und lassen die Justice League alt aussehen. Doch Morrison mahnt vor voreiligen Schlüssen und zeigt uns, dass wir alle die Justice League brauchen. Die Geschichte ist dabei eher simpel aufgebaut und liest sich dementsprechend überhaupt nicht morrisonhaft. Vorrangig geht es hier um die Figuren, die Morrison sehr stimmig geschrieben hat. Überraschenderweise gelingt ihm die Charakterisierung von Superman am besten. Er schreibt ihn im besten Sinne von Jerry Siegel. Morrison lässt Batman in den Hintergrund treten und gibt ihm wenig Raum. Doch der hat es in sich; Batman ist der Stratege, er lenkt die Justice League aus dem Hintergrund. Und so überrascht es nicht, dass Batman letztendlich über das Schicksal der Justice League entscheidet. Morrison deutet hier die weitere Entwicklung von Batman innerhalb der Justice League an und lässt schon in den wenigen Momenten seine Interpretation der Figur erkennen. Morrison lässt jeden Helden sein Können zur Schau stellen, die wechselnden Erzählperspektiven bringen uns die Sicht eines jeden näher. So kommt hier niemand zu kurz. Die Panels sind größtenteils zufriedenstellend gezeichnet. Es fehlt aber oft die erzählerische Qualität im einzelnen Panel, auch sind diese teilweise verwirrend.

Prodigal

There is only one Batman. It wasn’t Jean Paul Valley, and it isn’t me.

Chuck Dixon, Alan Grant, Doug Moench/Bret Blevins, M.D. Bright, John Cleary, Mike Gustovich, Phil Jimenez, Graham Nolan, Ron Wagner, Lee Weeks, 1994-1995– Prodigal bringt zum einen zahlreiche lose Handlungsstränge aus der KnightSaga zu Ende (uninteressant), beleuchtet zum anderen aber auch die Beziehungen zwischen Dick, Tim, Bruce und Commissioner Gordon (interessant). Während der Abwesenheit von Bruce und Alfred verhalten sich Dick und Tim wie zwei Brüder, deren Eltern über das Wochenende in den Urlaub gefahren sind. Mit Dick als Batman auf Zeit zeigen sie auch in der Verbrechensbekämpfung gutes Teamwork, was sie selbst erkennen und erwartungsvoll in die Zukunft blicken lässt. Und so scheint es, als ob Dick für Tim ein besserer Partner wäre als Bruce. Am Ende konfrontiert Dick Bruce unausweichlich mit der Entscheidung, Jean Paul Valley das Batman-Kostüm übertragen und ihn dabei übergangen zu haben. Bruce kommt in dieser Konfrontation nicht gut weg, und spätestens in diesen Szenen versteht man Dicks gesamten Unmut. Zwar ist Dicks Loyalität zu Bruce nicht zu erschüttern. Für diese Loyalität darf er jedoch eine Gegenleistung erwarten, die ihrerseits auch aus Loyalität und Vertrauen besteht. Und auf dieser zwischenmenschlichen Ebene – das ist bekannt – bestehen Batmans größte Defizite.

KnightsEnd

You’re a mistake, the biggest of my life, made in a moment of weakness.

Chuck Dixon, Alan Grant, Jo Duffy, Doug Moench, Dennis O’Neil/Graham Nolan, Bret Blevins, Mike Manley, Tom Grummett, Ron Wagner, Jim Balent, Barry Kitson, 1994– Da DC die The Search-Storyline weder in Knightquest noch in KnightsEnd eingefügt hat, überspringen wir einfach Bruce Waynes Heilung und sehen ihn munter auf zwei Beinen. Nun ja. Bedauernd, ja geradezu bestürzt blickt er auf seine Entscheidung, Jean Paul Valley die Rolle des Batman übertragen zu haben. Seine Reue ist auf jeder Seite spürbar. Er setzt alles daran, die Rolle als Batman wieder zu erlangen. Das Thema funktioniert und beweist, dass auch in Crossovern eine einheitliche Geschichte möglich ist. Die Autoren tun gut daran, hier zu den Grundfertigkeiten von Bruce zurückzukehren. Durch Fleiß, Raffinesse und Weitblick kommt er seinem Ziel näher. Das Finale besitzt hohe Symbolkraft und zeigt sorgfältig herausgearbeitete Unterschiede zwischen den Figuren. Auf der einen Seite steht eine technisierte Kampfmaschine, auf der anderen Seite eine fast schon altmodische Figur, die mit Können aufwartet. Letztendlich schlägt Bruce Jean Paul nicht durch Kraft, sondern durch Taktik und zudem völlig gewaltfrei. Nicht minder interessant ist die Schilderung des Verhältnisses zu Dick, der durch die Bevorzugung Jean Paul Valleys gekränkt ist und sich hier wie ein beleidigtes Kind verhält. Auch wenn nicht jedes Kapitel vollends überzeugen kann und, anders als zuvor, die Stile der Zeichner immer uneinheitlicher werden, so ist KnightsEnd doch ein sehr befriedigender Abschluss der KnightSaga.

Knightquest

They will fear me as they never feared him!

Chuck Dixon, Alan Grant, Doug Moench, Jo Duffy/Graham Nolan, Vince Giarrano, Mike Manley, Barry Kitson, Jim Balent, Bret Blevins, Tom Grummett, 1993-1994– Jean Paul Valley ist Batman. Als Azrael wurde Valley durch Saint Dumas und The System fremdbestimmt, und das Ringen mit der Fremdbestimmung ist der einzige interessante Aspekt in Knightquest. Batman steht stets an der Schwelle zum Töten und widersetzt sich den Anweisungen von Bruce Wayne. Leider bleibt Knightquest Stückwerk. Die meisten Geschichten handeln von komischen Gestalten und der Bekämpfung durch Batman. So einfach ist das. Die teilweise Lächerlichkeit der Geschichten wird dem ernsten Thema nicht gerecht. Batman macht nur wenig Fortschritte und die Charakterisierung bleibt durchweg schwach. Auch Gegenspieler wie Mister Freeze bleiben ohne erkennbare Motivation und fehlendem Charakter. Lichtblicke sind die Aufeinandertreffen mit Catwoman und Commissioner Gordon. Sie erkennt, dass nicht Bruce unter der Maske steckt (Pheromone, Baby!), er erkennt zumindest, dass sich eine andere Person hinter der Maske verbirgt. Als am Ende die Chemie zwischen Gordon und Batman zerstört ist, tut Gordon selbiges mit dem Bat-Signal. Die Art und Qualität der Zeichnungen deckt sich weitestgehend mit denen in Knightfall. Aber es fehlt an Highlights. Knightquest ist ein Sammelsurium mittelprächtiger Geschichten und fällt in seiner Qualität dramatisch hinter Knightfall zurück.

Knightfall

I am Bane– and I am the new owner of Gotham.

Doug Moench, Chuck Dixon, Alan Grant/Jim Aparo, Norm Breyfogle, Graham Nolan, Jim Balent, Bret Blevins, Klaus Janson, Mike Manley, 1993– Der Auftakt des gewaltigen Crossover-Ereignisses bietet dem Leser das Novum des entkräfteten, verzweifelnden, resignierenden Batmans. Moench, Dixon und Grant verstehen es, die Spannung steigen zu lassen. Schritt für Schritt geht Banes Plan in Erfüllung und lässt Batman auf seinen Untergang zusteuern. Die Autoren nutzen diese gute Gelegenheit, um die Hauptfigur ausführlich zu charakterisieren. Sie kehren zum Kern der Figur zurück, zu einem Symbol und zu Werten, die zum Schutz der Stadt über das eigene Leben hinausgehen. Im finalen Kampf mit Bane erlebt Batman Visionen, die von inneren Monologen begleitet werden. In ihnen entweicht die ganze Last, alle Schmerzen, die Batman in den Jahren auf sich genommen hat. Es ist ein 18 Seiten langer Kampf, 18 Seiten innerer Monolog, 18 Seiten Erlösung. Mit der Zerschmetterung von Batmans Rückgrat wechselt der Fokus auf Robin und Azrael, und das Autorentrio setzt die bisher so gute Figurenzeichnung an ihnen fort. Knightfall ist überzeugend gezeichnet und bleibt trotz der Vielzahl an Illustratoren stets harmonisch. Größtes Lob verdienen die vielen Zeichnungen, die den Zustand Batmans zeigen. Die Erschöpfung wird durch Mimik und Körperhaltung deutlich und so tragen die Zeichnungen einen wesentlichen Teil zur Erzählung bei. Die Erzählung kann mit einer Ausnahme überzeugen. In Knightfall erfährt man nichts über Banes Motivation, Batman zu zerstören: Lediglich Vengeance of Bane beschäftigt sich damit – jedoch in zu geringem Maße.

Vengeance of Bane

You will know my name one day. And on that day, you will beg for mercy.

Chuck Dixon/Graham Nolan, 1993– Für den Fall von Batman wird ein völlig neuer Gegenspieler geschaffen: Bane. Chuck Dixon meistert die Aufgabe, innerhalb eines Bandes die Figur, die den Helden besiegen wird, groß zu machen. Er bedient sich hierzu der effektiven Erzählperspektive des personalen Ich-Erzählers in Gestalt eines Begleiters von Bane. So führt dessen Erzählung bereits zur Legendenbildung um die Figur, ihrer Intelligenz und Stärke. Nach der KnightSaga wird Bane leider allzu häufig auf seine Stärke reduziert. Dixon zeigt jedoch, dass Bane auch ohne das Venom ein ernstzunehmender Gegner für Batman gewesen wäre. Ihm gelingt es, binnen kurzer Zeit Bane zu einem glaubhaften Gegenspieler aufzubauen und damit das Fundament für Knightfall zu legen. Die meisten Panels sind mit kurzen Sätzen belegt, die alle notwendigen Informationen enthalten, die die Figur von Null auf Hundert zum Superschurken etablieren. Vengeance of Bane dient einzig diesem Zweck, ist nebenbei aber auch unterhaltsam genug. Und doch krankt Vengeance of Bane an dem großen Makel, der sich durch die gesamte KnightSaga zieht. Banes Motivation, Batman zu zerstören, bleibt weitestgehend im Dunkeln.

Batman/Judge Dredd: Judgment on Gotham

Boy, it didn’t take you two long to make friends.

Alan Grant/Simon Bisley, 1991– Wie, die Batman/Judge Dredd-Reihe ist Kanon? Na sicher, Judge Dredd reist durch Zeit und Raum und landet in Gotham City von New Earth. Solche Dimensionssprünge sind in der dystopischen Welt von Judge Dredd möglich. Für Batman ist dies neu. Doch es ist nichts, was ihn aus der Bahn wirft, schnell hat er sich damit arrangiert. Das erste Aufeinandertreffen der beiden Helden ist kurz und alles andere als ein interdimensionales Großereignis. Batman und Judge Dredd verfolgen einen gemeinsamen Gegner – äußerst zielorientiert und aus unterschiedlichen Motiven. Dabei kommt es natürlich auch zwischen den Figuren zu Konflikten, und es lässt sich mit Bestimmtheit sagen, dass Batman und Judge Dredd niemals Freunde werden. Alan Grant zeigt ein ausgewogenes Kräfteverhältnis sowohl bei den Protagonisten als auch den Nebenfiguren, ihre modi operanti sind stimmig. Fans der einen oder der anderen Serie können sich nicht beschweren. Charakterzeichnungen sind gänzlich zu vermissen. Im Grunde ist Judgment on Gotham eine Freakshow. Aber eine unterhaltsame.

A Lonely Place of Dying

I do not intend to spend the rest of my life playing nurse.

Marv Wolfman, George Perez/Jim Aparo, 1989– A Lonely Place of Dying ist wohl das Buch mit der eindeutigsten Aufgabe und Aussage im ganzen DC-Universum: Batman braucht Robin. Nach dem Tod von Jason Todd werden Batmans Handlungen zunehmend gewalttätiger und unbedachter, sein Charakter zunehmend unausgeglichener. Batman braucht einen Robin, um zurück auf den Boden zu kommen. Das Buch ist zielstrebig aufgebaut: Dick Grayson will nicht, und DC konnte nach dem Jason Todd-Fiasko die Figur nicht sofort wiederbeleben. Also wird es ein neuer Robin, und DC tut gut daran, diesem einen eigenen Charakter zu geben. Tim Drake wird immer der normalste aller Robins bleiben. Er ist kein Waisenkind, hat keine Allüren und ist auch nicht exzentrisch. Tim Drake ist ein pfiffiger und netter Junge. Pfiffig und nett haben Wolfman und Perez auch Tims Weg zum Robin geschrieben. Sein Charakter wirkt natürlich, seine Handlungen sind nachvollziehbar. Ein Clou in der Geschichte ist jedoch, dass Tim es gar nicht darauf anlegt, der neue Robin zu werden. Er wird die Rolle übernehmen, weil es jemand tun muss. So unaufregend das alles klingen mag, A Lonely Place of Dying ist ein schönes Buch und angenehm zu lesen. Die Normalität von Tim tut nicht nur Batman, sondern auch dem Leser gut.

Superman: Dark Knight Over Metropolis

There has always been something about Batman that troubles me.

John Byrne, Dan Jurgens, Roger Stern, Jerry Ordway/Art Adams, Dan Jurgens, Bob McLeod, Jerry Ordway, 1987, 1990– Das Buch ist eine merkwürdige Sammlung merkwürdiger Geschichten und nur deswegen von Interesse, weil Batman am Ende in den Besitz des Rings aus Kryptonit gelangt. Doch bevor dies geschieht, kämpfen der Mann aus Stahl und der Dunkle Ritter gegen Vampire (!). Es scheint, als habe es Frank Millers Herangehensweise an die Figur niemals gegeben. Es folgen reine Superman-Geschichten, in denen Clark ständig Lois anbaggert und die so zuckersüß sind, dass man als Batman-Leser völlig verstört weiter blättert. Hat Batman jemals Blumen gekauft? Das eigentliche Dark Knight Over Metropolis ist am Ende des Buches zu finden und bietet eine eher spannungslose Erzählung, die jedoch bei den Charakterisierungen überzeugen kann. Superman und Batman behandeln sich argwöhnisch. Zu diesem Zeitpunkt wissen beide noch nicht genau, wie sie ihren Gegenüber einschätzen sollen. Die aufkommende Gewöhnung an einander ist interessant zu beobachten. Die Inbesitznahme des Kryptonitrings ist ein wichtiger Punkt in der Beziehung der beiden Superhelden und lässt Dark Knight Over Metropolis letztendlich doch eine Relevanz zukommen. Die klassischen Zeichnungen sind nicht zu bemängeln und legen sehr viel Wert auf Körperhaltung und Mimik.

A Death in the Family

Jason’s dead.

Jim Starlin/Jim Aparo, 1988-1989– Der Tod von Jason Todd. Das auf The Killing Joke folgende A Death in the Family ist ein Meilenstein in der Geschichte von Batman. Das Ereignis strahlt bis in die Gegenwart hinein. Wann immer es um Trauer und Schuld geht, ist der Tod von Jason Todd nicht weit. In all den Jahren, nach all den Erfahrungen, hat Batman den Tod nicht überwunden. Nach dem Tod seiner Eltern ist dies das Ereignis, das Batman am stärksten prägen wird. Doch das Ereignis überschattet die Geschichte. Es ist eine gradlinige Geschichte mit ein wenig Detektivarbeit und viel Action. Aber es ist keine gute Geschichte. Für ein so ernstes Thema ist der Plot viel zu dämlich und darüber hinaus schlecht aufgebaut. Batman und Robin in der Wüste, mit Kostümen. Also bitte. Und dann ist da auch noch diese Sache mit der Nahost-Politik. Der Joker als Botschafter des Irans. Das ist noch bescheuerter als es klingt. Aber immerhin leistet Jim Aparo ganze Arbeit. Was den entscheidenden Szenen erzählerisch fehlt, gleicht Aparo durch seine Zeichnungen voll und ganz aus. Ihm ist es zu verdanken, dass Jasons Tod in diesem Buch überhaupt seine Wirkung entfaltet. Das Bild, das Jasons Körper in den Armen von Batman zeigt, ist ein Teil der Popkultur geworden. Blendet man die Folgen von Jasons Tod aus und betrachtet A Death in the Family isoliert, so ist es ein echt miserables Buch. Mit Blick auf die Kontinuität kommt man aber keinesfalls hieran vorbei.

The Killing Joke

Both of us. To the death.

Alan Moore/Brian Bollard, 1988– Alan Moore bietet in weniger als 50 Seiten ein echtes Schwergewicht an Geschichte und durch die Lähmung von Barbara Gordon ein Großereignis in der Batman-Kontinuität. Das gelähmte Batgirl wird später zur Informationsvermittlerin Oracle. Noch gewichtiger ist allerdings, dass der Joker eine Herkunft bekommt. Hierbei vollbringt Moore das Kunststück, dem Joker nicht das Mysterium zu nehmen, das er gerade durch seine unbekannte Herkunft besitzt. Moore zeigt uns, dass der Joker und Batman beide das Resultat eines einzigen schlimmen Tages sind und sich näher stehen, als es ihre Taten vermuten lassen. Der Joker ist das Spiegelbild zu Batman. Er ist das Chaos, Batman die Ordnung. Sie brauchen einander und die Geschichte legt uns nahe, dass sie zwei verlorene Seelen sind, die auf alle Ewigkeit gegeneinander kämpfen. Bollards Zeichnungen sind lebendig. Es lohnt sich, zur nachkolorierten Deluxe Edition zu greifen, die die Rückblenden in schönem Sepia zeigt. Die Anordnung der Panels kennt man aus Alan Moores Watchmen. Sie halten sich an ein strenges Raster. 3×3, 2×3 oder 2×2+1, die Seiten sind stets gedrittelt. Ich bin ziemlich begeistert, wie logisch und einfach das zu lesen ist. The Killing Joke benötigt keine Tricks oder Wendungen. Und das macht es zum Lesevergnügen. The Killing Joke wirkt niemals bemüht und gibt nicht mehr vor als es ist. Es ist so geschrieben, dass auch Einsteiger damit mühelos zurecht kommen. So sollte es eines der ersten Bücher sein, die man liest.

The Cult

No good deed shall ever go unpunished.

Jim Starlin/Bernie Wrightson, 1988– The Cult muss sich dem Vergleich mit The Dark Knight Returns stellen. Zu offensichtlich hängt es sich an Frank Millers Meisterwerk an. Es übernimmt zahlreiche Elemente, ist jedoch nicht in der Lage, diese selbstbewusst auf eigene Beine zu stellen. Und so ist stets der Eindruck präsent, dass es sich bei The Cult um nicht mehr als eine schwache Kopie handelt. Der Geschichte kann man ihr Potential nicht absprechen, ausgefüllt wird es aber nur wenig. Starlin greift auf bewährte Formeln zurück, beispielsweise Batmans Wille, der alle Hindernisse überwinden kann. Dieses erzählerische Mittel ist fest in der Geschichte von Batman verankert und im Übrigen auch kein schlechtes. Starlin macht aber zu wenig daraus. Die Charakterisierungen der Figuren bleiben durchweg schwach. Der Verlauf der Geschichte ist durch zweifelhafte Handlungen geprägt, und viele der aufgeworfenen Fragen beantwortet Starlin nicht mit einer Erklärung, sondern mit einem verhöhnenden „Es ist so“. Die Stärke von The Cult kommt aus ihren Bildern. Auf der visuellen Ebene ist es ein Albtraum aus scharf gezeichneten Figuren und einer überragenden, fast psychedelischen Kolorierung, für die sich Bill Wray verantwortlich zeichnet.

Robin: Year One

His name is Robin. He’s my partner.

Chuck Dixon, Scott Beatty/Javier Pulido, Marcos Martin, 2000-2001– Die Geschichte wird aus der Sicht von Alfred erzählt, aus dessen Sicht es so viel mehr geben sollte. Robin: Year One liest sich dadurch wie eine Familiengeschichte. Nachdem Robin von Batman aufgenommen wurde, sprüht dieser förmlich vor Tatendrang. Robin ist mit ganzem Herzen dabei, und dies spiegelt sich auch in der Erzählung und in den Zeichnungen wieder. Doch die Erzählung schlägt in etwas Dunkleres um. Two-Face nimmt dem jungen Team die Unschuld, nichts wird mehr so sein wie es vorher war. Dixon gelingen sehr gute Charakterisierungen und kann die angespannte Lage dem Leser hervorragend vermitteln. Die sozialen Kompetenzen sind abermals Bruces größtes Defizit, und es scheint, als sei Alfred für Dick mehr ein Vater denn ein Butler. Bruce hingegen interessiert sich nur für seinen Kreuzzug, und Alfred wird Dick an diesen verlieren. Robin: Year One ist klassisch und geradezu umwerfend wunderschön von Pulido und Martin gezeichnet, auch Robert Campanellas Kolorierung verdient größtes Lob. Robin: Year One ist kein Bauplan wie Year One, was aufgrund des Veröffentlichungsjahres auch gar nicht möglich ist. Es ist eine schöne Erzählung, die äußerst passend in Robins erstes Jahr gesetzt ist und die man im Hinblick auf das dynamische Duo und die spätere Karriere als Nightwing nicht verpassen sollte.

Gotham After Midnight

It is truly a tragic ending, Sir, and a very painful lesson learned.

Steve Niles/Kelley Jones, 2008-2009– Ich wünschte, ich hätte Gotham After Midnight niemals gelesen. Ich wünschte, es würde gar nicht existieren. Der Grund liegt nicht darin, dass Steve Niles ein schlechter Autor wäre oder Kelley Jones ein schlechter Zeichner (obgleich Jones der polarisierendste Zeichner ist). Der Grund allen Übels liegt in der Art und Weise, wie sich Gotham After Midnight in die Serie einfügt. Niles hat sich als Autor an Kontinuität und Kanon zu orientieren, wie jeder andere Autor auch. Nur leider tut er dies nicht und schreibt die Geschichte so, wie es ihm passt. Das ist alles sehr ärgerlich, und letztendlich könnte man auch Editor Sean Mackiewicz den schwarzen Peter zuschieben, dass er Niles die Kontinuitätsbrüche hat durchgehen lassen. Darüber hinaus lässt Niles jeglichen Respekt dafür vermissen, was Batman ist. Die Schurken sind allesamt Mittel zum Zweck, ohne dass diese die Würdigung bekommen, die sie verdienen. Sie werden wahllos in die Geschichte geworfen und auf ihr stereotypes Schurkensein reduziert. Eine Charakterzeichnung existiert in Gotham After Midnight nicht. Jones’ Zeichnungen sind Jones’ Zeichnungen und noch viel schlimmer, aber es soll ja auch Menschen geben, die sowas mögen.

Dark Victory

Take off the masks. No secrets.

Jeph Loeb/Tim Sale, 1999-2000– Böse Stimmen behaupten, Loeb hätte nach dem Erfolg von The Long Halloween die gleiche Geschichte noch einmal unter anderem Namen geschrieben. Andere behaupten, Loeb musste ein zweites Buch schreiben, um all die losen Fäden aus The Long Halloween zusammenzuführen. Doch eine Reduzierung hierauf wird Dark Victory nicht gerecht. Systematisch gesehen ist es eine der wichtigsten Geschichten in Batmans Karriere und der Entwicklung Gotham Citys. Dark Victory handelt vom Tod der kriminellen Familien und vom Aufkommen der Superschurken. Es schließt den Handlungsstrang, den Year One eröffnete. Aus der Kriminalgeschichte wird die Superheldengeschichte. Die Transformation wird durch das Auftreten des Sidekicks symbolisiert: Robin. Loeb bereitet die Einführung der Figur hervorragend vor. Nachdem Batman seinen stärksten Verbündeten verloren hat, sieht er sich an einsamer Front. Einsamkeit ist ein zentrales Thema in Dark Victory und wird in alle Richtungen ausgeführt. In Bezug auf Harvey Dent, in Bezug auf Catwoman, gegenüber James Gordon, gegenüber Alfred. Gotham City ist im Umbruch. Die Gauner sind gegangen, die Freaks sind gekommen. Batman braucht Unterstützung, um seinen Kampf erfolgreich fortsetzen zu können. Und Loeb und Sale führen Robin in einer Weise ein, die keinen Zweifel zulässt, dass Batman und Robin zusammen gehören. Dark Victory sollte man daher aus dem Schatten von The Long Halloween heraustreten lassen, damit es seine Wirkung voll und ganz entfalten kann.

The Long Halloween

I believe in Harvey Dent.

Jeph Loeb/Tim Sale, 1996-1997– Wenn man die Klassiker des Modern Age aufzählt, wird The Long Halloween vermutlich gleich nach Year One genannt. Und dies ganz zurecht, denn The Long Halloween ist durch und durch klassisch. Das beginnt natürlich bei der Geschichte, die dem Leser vor Augen führt, warum Batman The World’s Greatest Detective ist. Über ein Jahr folgt Batman Spur für Spur, Gadgets werden überschätzt. Dann gibt es die große Galerie an Gegenspielern. Der Joker, Solomon Grundy, Catwoman, Poison Ivy, alle haben ihre Auftritte, ohne jedoch den Fokus der Geschichte auf sich zu ziehen. Und dennoch sind sie mehr als bloße Schauwerte und steuern ihren Teil zur Geschichte bei. Die Geschichte dreht sich um Freundschaft, Loyalität, Vertrauen und Familien. So wird The Long Halloween zu einer Mafiageschichte. Und das ist der dritte Punkt, der The Long Halloween so klassisch wirken lässt. Die Referenzen zu Mario Putzos Der Pate und den darauf basierenden Filmen sind unübersehbar. Das gilt nicht nur für die Erzählung, sondern ebenso für Tim Sales klassische Zeichnungen und Gregory Wrights fantastische Kolorierung. Ganz besonders gut gefällt mir der starke Einsatz von Schwarz und Weiß, von Schatten und dem rot herausstechenden Blut. Letztendlich wird in The Long Halloween aus Harvey Dent Two-Face, und ich behaupte, dass ein Gegenspieler niemals besser in das Batman-Universum eingeführt wurde als dieser. Und dennoch ist The Long Halloween nicht gänzlich frei von Schwächen. Zu nennen ist hier vor allem der Umstand, dass Loeb mehr Handlungsstränge beginnt als er jemals beenden kann. Das tut dem Stand von The Long Halloween keinen Abbruch: ein Klassiker.

Venom

Then he remembers what he became.

Dennis O’Neil/Trevor Von Eeden, Russell Braun, José Luis García-López, 1991– Die Idee von Venom ist ebenso die Idee von Batman. Als Superheld ohne Superkräfte sind ihm Grenzen gesetzt, und sei es durch etwas Banales wie das Gewicht eines Gegenstandes. Die Grenze führt zum Verlust eines Menschenlebens, doch das ist etwas, was Batman niemals akzeptieren wird. Das Venom, die Superdroge, wird verführerisch und ergreift Besitz vom Dunklen Ritter. So großartig die Idee ist, so schlecht ist ihre Umsetzung. Batmans Griff zum Venom geschieht zu schnell und wird dem sonst so gefestigten Verstand der Figur nicht gerecht. Batman, der sich vermutlich sogar einen Plan für das Öffnen des Frühstückseis zurecht legt, vergeudet keine Sekunde für einen Gedanken an die Konsequenzen, und das ist einfach nicht glaubwürdig. Was folgt ist eine Actiongeschichte ohne die Tiefe, die die Idee eingangs mit sich brachte. Die Geschichte ist gut illustriert und verwendet stimmige Farbpaletten. Ein Glanzlicht ist Batmans hervorragend gezeichneter Entzug. Die in Venom verwendete Schriftart ist hingegen eine Katastrophe, und insgesamt bietet das Werk verschenktes Potential. Was als interessantes Drama beginnt, mündet in austauschbarer Action, die einen so großen Raum einnimmt, dass sie alles unter sich begräbt.

Gothic

Gotham City is hell. We are all in hell. And I am the king of hell.

Grant Morrison/Klaus Janson, 1990– 15 Jahre vor seiner legendären Ära schreibt Grant Morrison eine kurze und geschlossene Geschichte für die Legends of the Dark Knight-Serie. Seine Handschrift ist bereits zu erkennen, insbesondere in der starken Verwendung von Symbolen und Anspielungen aus der Geschichte DCs, Kunst und Kultur. Gewöhnlich (ja, es gibt Ausnahmen) bleiben Batmans Gegner im Bereich des Irdischen und haben wenig mit dem Übernatürlichen oder Spirituellen zu tun. In Gothic tritt der Leibhaftige persönlich in Erscheinung. Auch dies ist ein Markenzeichen Morrisons, der Batman nur zu gern gegen Gegner außerhalb seiner Gewichtsklasse antreten lässt. Gothic folgt nicht allzu lange nach Frank Millers Werken. Und es ist überdeutlich, dass Morrisons Batman in diesem Kontext platziert ist. Batman ist ein ziemlich harter Typ und kaum gesellschaftsfähig – ganz wie bei Frank Miller. Darüber hinaus wurde Gothic von Millers Kollaborateur Klaus Janson gezeichnet, der Batman auch hier das markante, furchteinflößende Grinsen verpasst. Ich mag Jansons Zeichnungen. Sie besitzen ihren eigenen Stil, sie sind rau und hart und verfügen über ihre ganz eigene Schönheit. In Gothic geht es nicht um konventionelle Ermittlungen, sondern um die Analyse von Träumen, die Bruce Wayne zurück in seine Schulzeit versetzen und die Geschichte der Figur bereichern. Aus der Legends of the Dark Knight-Serie ist Gothic eines der prominentesten Werke und dies ganz zurecht.

Prey

I’m alone.

Doug Moench/Paul Gulacy, 1990-1991– Frank Miller im Allgemeinen und Year One im Besonderen haben nicht nur Befürworter. Prey ist eine der besten Geschichten aus der Legends of the Dark Knight-Serie und eine faszinierende Kritik an Frank Millers Ansatz. Im Fokus stehen die Beziehungen zwischen Batman, James Gordon und Hugo Strange. Hugo Strange besitzt eine nahezu sexuelle Obsession von Batman. Er analysiert ihn, er stellt ihn in ein schlechtes Licht und hetzt die Öffentlichkeit gegen Batman. In einer Zeit, in der DC alles daran setzte, Batman finsterer und realistischer zu gestalten, sehen wir Batman noch vor Knightfall zweifeln und fast zerbrechen. Doch Moench suggeriert, dass hier möglicherweise zuviel analysiert, zuviel dekonstruiert wird. Hugo Strange versteht Batman nicht einmal halb so gut wie James Gordon. Gordon erkennt in Stranges Analysen nur dessen eigenes Bedürfnis nach Geltung. Als alle gegen Batman arbeiten, findet Batman in James Gordon einen Verbündeten. Gordon erkennt, dass Gotham City einen Batman braucht und dieser nicht bloß ein Verbrechensbekämpfer ist, sondern ein Symbol. Batman legt seine Zweifel ab. Es ist der Sieg des Helden und Moenchs Ansage, dass Batman eben jenes Symbol bleiben muss. Paul Gulacy fügt durch seine Zeichnungen viel zur Atmosphäre bei und setzt die Geschichte auch visuell hervorragend in Batmans Anfangszeit.

The Man Who Laughs

He’s going to kill them all.

Ed Brubaker/Doug Mahnke, 2005– DC benötigte 18 Jahre, um die Geschichte des ersten Aufeinandertreffens von Batman und dem Joker im Modern Age zu veröffentlichen – wenn man mal von einer Rückblende absieht. Dennoch wurde die Geschichte passend in Batmans erstes Jahr geschrieben, sein Charakter und sein Selbstvertrauen sind für diese Zeit stimmig. Batman ist auf gewöhnliche Kriminelle, auf Verbrecher vorbereitet. Über die Motive des Jokers ist er sich unsicher. Alles, was Batman erkennt, ist sein Wahnsinn. Doch diesen kann er nicht verstehen, und so trifft der Joker ihn unvorbereitet. Tatsächlich hat der Joker stets die Oberhand über Batman und ist ihm mehr als einen Schritt voraus. Und bisweilen scheint es so, als habe der Joker gar kein so großes Interesse an Batman. Ihm geht es um seine Rache gegenüber Gotham City. Batman und der Joker haben noch keine Beziehung. Sie sind noch nicht die Gegner, die einander brauchen. The Man Who Laughs ist äußerst kompakt und lesbar geschrieben sowie ansprechend gezeichnet. Allerdings ist es bei weitem kein so großer Wurf wie The Killing Joke. Ein Vergleich mit diesem ist sicherlich auch nicht ganz fair. Die Ausgabe enthält ferner die Batman/Green Lantern-Geschichte Made of Wood, die hierin überhaupt keinen Sinn macht, da sie viele Jahre später spielt. Was DC sich dabei gedacht hat, werden wir nie erfahren.

Batman and the Monster Men

Mother, Father… soon the city you loved will again be clean.

Matt Wagner, 2005-2006– Matt Wagners Hommage an das Golden Age wirkt beinahe wie ein Gegenentwurf zu Year One. Im Gegensatz zur finsteren Atmosphäre und grimmigen Stimmung von Year One verfolgt Batman and the Monster Men einen freundlicheren Ansatz und versprüht Optimismus. Die inneren Monologe vermitteln den Eindruck, als empfinde Batman Freude und genieße die Herausforderungen, die sich ihm stellen. Zwischen der Veröffentlichung von Year One und Batman and the Monster Men liegen allerdings 20 Jahre. Und so ist der Bruch zu Year One diesem gegenüber weder kritisch noch despektierlich gemeint, sondern vielmehr der Hommage an die Geschichten aus dem Golden Age geschuldet. Letztendlich funktioniert die Geschichte prima. Matt Wagner erlaubt sich, mit Batman etwas Spaß zu haben, und das hat mich von Anfang bis Ende sehr gut unterhalten. Nicht überzeugend ist lediglich die Beziehung zwischen Bruce Wayne und Julie Madison. Eingeführt werden Professor Hugo Strange als Spiegelbild zu Batman – und das erste Batmobil. Die Farbpalette besteht aus warmen Brauntönen und gibt Batman and the Monster Men eine leichte Patina, die hervorragend zu der Geschichte passt.

Year One

Ladies. Gentlemen. You have eaten well.

Frank Miller/David Mazzucchelli, 1987– Frank Miller legt das Fundament, auf das bis heute gebaut wird. Year One ist recht schnell erzählt, die Geschichte bleibt unter 100 Seiten. Im Gegensatz zu The Dark Knight Returns zeichnet Miller in Year One ein zutiefst menschliches Bild von Bruce Wayne – Batmans Mythos ist noch weit entfernt. Im Grunde betreibt Miller die komplette Dekonstruktion von Batman. Er nimmt ihn aus der Position des Superhelden heraus und portraitiert Bruce Wayne als einen Menschen. Noch nicht einmal ansatzweise sehen wir die Figur, auf deren Schultern das Schicksal einer ganzen Stadt lasten wird, ja sogar des ganzen Universums. Bruce Wayne zweifelt. Er sucht sich und seinen Zweck. Die Herangehensweise an den Menschen Bruce Wayne eröffnet Miller die Möglichkeit, die Figur neu aufzubauen. Die Einzelheiten zu Batmans Beginn bleiben weitestgehend verborgen, Bruce Waynes Wandlung zum Dunklen Ritter schildert Miller in wenigen, aber bedeutenden Momenten. Diese Momente werden in der Zukunft immer wieder zitiert und sogar modifiziert, im Kern aber nicht eliminiert werden. So bleibt Year One ein abstraktes Werk und ein Bauplan für Batman, was auf Einsteiger durchaus sperrig wirken kann. Mazzucchellis Illustrationen sind zurückhaltend und vermeiden Übertreibungen. Sie gehen Hand in Hand mit der Erzählung. Bei den Panels gibt es keine Experimente. Große Ereignisse bekommen große Panels, überdies ist die Anordnung konservativ. Miller erfindet Batman nicht neu. Er zerlegt ihn, baut ihn neu auf und tut nichts Geringeres als den Ton zu setzen, dessen Klang noch 25 Jahre später zu hören ist.